NSU-Untersuchungsausschuss: Verfassungsschutz in der Kritik

Veröffentlicht am 24.07.2013 in Sicherheit & Inneres

Franz Schindler: Verfassungsschutz neu aufstellen und auf einen Einsatz von V-Leuten grundsätzlich verzichten

Der Vorsitzende des Landtags-Untersuchungsausschusses zu den NSU-Morden, der SPD-Verfassungs- und Rechtsexperte Franz Schindler fordert als Konsequenz aus der einjährigen parlamentarischen Untersuchungsarbeit eine neue Aufstellung des Verfassungsschutzes in Bayern und den grundsätzlichen Verzicht des Einsatzes von V-Leuten. Die Alternative dafür sei aber nicht, dass der Verfassungsschutz nicht mehr hinschaue, sondern dass anstelle von V-Leuten aus dem jeweiligen Milieu Beamte als verdeckte Ermittler eingesetzt werden, sagte Schindler am Mittwoch im Plenum des Landtags bei der Aussprache des NSU-Untersuchungsausschuss-Schlussberichts.

Der Verfassungsschutz müsse seine Aufgaben als Inlandsgeheimdienst auf die Beobachtung des gewaltbereiten und rassistisch motivierten Extremismus konzentrieren und beschränken, forderte Schindler. Er müsse so umgebaut werden, dass er die freiheitlich-demokratische Verfassung und von rassistischer Gefahr bedrohte Menschen besser schützen könne. Zur Erfüllung dieser Aufgaben müsse sich das Landesamt künftig auch des in der Zivilgesellschaft wie in der Wissenschaft vorhandenen Sachverstandes bedienen anstatt diesen zu beobachten und zu stigmatisieren.

Die Häufung von Fehlern bei den Ermittlungen im Zusammenhang mit der NSU-Mordserie sei augenscheinlich, so Schindler. Es habe sich gezeigt, dass nicht nur einzelne Beamte etwas falsch gemacht haben, sondern dass die Strukturen nicht stimmen. „Die Verantwortung hierfür trägt die politische Spitze der Sicherheitsbehörden – und das ist der Innenminister, wer denn sonst“, stellte der SPD-Verfassungsexperte fest. Als Konsequenz vieler Fehler und des Versagens auch bayerischer Sicherheitsbehörden würden nun aber nicht Rücktritte der politisch Verantwortlichen gefordert, zumal der damals verantwortliche Innenminister ebenso wie die damaligen Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz und der Landespolizei nicht mehr im Amt sind und der jetzige Innenminister noch nicht im Amt war, als die Weichen falsch gestellt wurden. Schindler merkte jedoch an: „Es haben andere schon wegen viel geringerer Vorwürfe die Verantwortung übernommen und sind zurückgetreten.“

Es geht also nicht darum, Köpfe rollen zu lassen, sondern darum, die strukturellen Ursachen der Fehler zu beheben.“ Erste Konsequenzen seien bereits gezogen worden, etwa indem wieder eine eigene Abteilung für Verfassungsschutz im bayerischen Innenministerium eingerichtet wurde. Auch die Empfehlungen der Bund-Länder-Kommission zur Präzisierung von Vorschriften über die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden untereinander und zur Auswahl und Führung von V-Leuten seien überwiegend bedenkenswert. „Die bisherigen Vorschläge gehen aber nicht weit genug oder gar in die völlig falsche Richtung, wie insbesondere die Vorschläge des Bundesinnenministers und des Bundesamtes für Verfassungsschutz“, betonte der Untersuchungsausschusschef.

Es geht nicht darum, jetzt die Deiche höher zu bauen und den Inlandsgeheimdienst zur Belohnung für sein Versagen zu stärken - angesagt ist vielmehr eine Stärkung der Kontrolle über den Inlandsgeheimdienst.“ Bei der Polizei gehe es in erster Linie darum, die Sensibilität bei Ermittlungen zu Straftaten gegen Menschen mit Migrationshintergrund zu erhöhen und die Kenntnisse über den Rechtsextremismus und seine Erscheinungsformen deutlich zu erhöhen.

Der Kampf gegen den Rechtsextremismus werde aber nur erfolgreich sein können, wenn er auch in der Zivilgesellschaft geführt werde. „Es geht also um die Stärkung des Engagements in den Schulen und Vereinen und den vielen Initiativen, die oft noch argwöhnisch von der Polizei und dem Verfassungsschutz beobachtet werden“, betonte Schindler, der weiter darauf hinwies, „dass wir in Deutschland und in Bayern historisch bedingt eine besondere Verantwortung haben, gegen Rechtsextremismus in all seinen Erscheinungsformen vorzugehen und dass es keine Option sein darf, rechtsextremistische Forderungen dadurch leerlaufen lassen zu wollen, dass sie im demokratischen Spektrum selbst übernommen und salonfähig gemacht werden". Auch hoffe er, „dass als eine der Lehren aus den NSU-Morden alles getan wird, dass nie wieder der Eindruck entstehen kann, dass bei Ermittlungen wegen Morden an Menschen mit Migrationshintergrund andere Maßstäbe angelegt werden, als bei Ermittlungen wegen Morden an Deutschen“.

 

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Projekt 2016 - Schuld & Sühne?

„Historischen Themennachmittage" im Labertal

Die intensive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist wichtig um die Gegenwart zu verstehen und der Zukunft zu vertrauen. Der AK Labertal will fundierte Geschichtsbewältigung unter sozialdemokratischen Gesichtspunkten anbieten Es gibt nichts zu glorifizieren, nichts zu beschönigen und schon gar nichts zu rechtfertigen. Wir wollen aber auch nicht anklagen und verurteilen - keiner von uns kann heute sagen, wie er sich selbst verhalten hätte, in einer anderen Zeit.

- Rückblick -
Der SPD-Arbeitskreis Labertal hat mit dem „Historischen Themennachmittag“ zur Schierlinger Muna am 24. Januar 2010 begonnen, sich mit den Ereignissen vor 65 Jahren genauer zu beschäftigen. Neben dem „Wunder von Schierling“ sollt der Blick auch auf die Todesmärsche durch das Labertal gelenkt werden.

Die Brüder Gandorfer beschäftigten den AK am historischen Datum 7. November 2010 in Pfaffenberg.

Im Spätherbst 2011 wurde mit "Die Engel von Laberweinting" erneut an das Thema "65 Jahre Kriegsende" angeknüpft. 62 tote Kinder in nur wenigen Monaten, so die Bilanz des Entbindungs- und Kinderheims für Fremdländische.

Der letzte „Historische Themennachmittag“„GELINZT - Euthanasie- Opfer aus dem Labertal“ fand am 4. März in Geiselhöring statt. Das Thema wurde mit einer Informationsfahrt am 14. April an den Gedenkort Hartheim bei Linz abgerundet.

Die Dokumentationen zu den Themennachmittagen (oder den Bonhoeffer-Wochen) sind unter www.agentur-labertal.de zu bestellen!

Projekt 2015 - Flucht, Vertreibung und Asyl

Flucht, Vertreibung und Asyl 1945 / 2015

Sonstiges

 

120 Jahre BayernSPD - Im Dienst von Freiheit und Demokratie Frauen sind in der rechtsextremen Szene keine Seltenheit mehr – sie sind die „nette“ Nachbarin oder betreiben Biolandbau und verkaufen „Deutschen Honig“ und unterwandern so die Gesellschaft mit neonazistischem Gedankengut. Die Ausstellung „Braune Schwestern“ aus Österreich war 2012 erstmals in Niederbayern zu sehen und beschäftigt sich mit der Symbolik, den Liedern und dem Gedankengut der rechtsextremen Frauenszene.