SPD im DIALOG mit der Kassenärztlichen Vereinigung

Veröffentlicht am 27.04.2018 in Veranstaltungen

SPD-Ortsvorsitzender Michael Wittmann im DIALOG mit Johann Ertl (2.v.li.) und Peter Roderer (Mitte), mit dabei Raf Neiser (2.v.re.) und Rainer Pasta (re.)

 

„Stadtobere ignorieren drohenden Ärztemangel seit Jahren“

SPD bespricht Ursachen und Lösungsansätze - Ärztliche Versorgung auch in Zukunft sichergestellt

Bei ihrer vierten Dialog-Veranstaltung griff die Geiselhöringer SPD am vergangenen Donnerstag in der Taverne Korfu mit dem Thema „Mein Hausarzt ist weg, was nun?“ ein brandaktuelles Thema auf. Johann Ertl, Kreisvorsitzender des Verbandes der niedergelassenen Ärzte in Straubing-Bogen und regionaler Vorstandsbeauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung Niederbayern, stellte sich den Fragen der besorgten Bürgerinnen und Bürger und diskutierte mit den anwesenden Ärzten Ursache und Lösungsansätze des Arztmangels. Mit einem gewissen Maß an Gelassenheit ließe sich die problematische Situation überbrücken, bis ein neuer Arzt gefunden werde, zeigte sich Ertl überzeugt – diesen Optimismus teilte aber nicht jeder.

                             

SPD-Ortsvorsitzender Michael Wittmann konnte neben einer Reihe von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern auch die Ärzte Peter Roderer und Peter Starke begrüßen. Frau Dr. Sonja Grahammer musste sich wegen ihrem ärztlichen Bereitschaftsdienst entschuldigen, hatte aber vorab die Fragen des SPD-Ortsvereins beantwortet. „Mein Hausarzt ist weg, was nun? - diese Frage stellt sich derzeit vielen Geiselhöringern“, so Wittmann, der versicherte: „Die Sorgen der Patienten liegt uns allen am Herzen“. Lösungen scheinen aber nicht in Aussicht. 1400 Kassenpatienten müssen sich einen neuen Hausarzt suchen, bestätigte Peter Roderer, der zum 1. April seine Praxis geschlossen hat. Das seien – verteilt auf die verbleibenden drei Hausärzte - im Schnitt 350 neue Patienten, die in der aktuellen Situation eine ebenso gute Versorgung erwarten, wie sie ihr bisheriger Hausarzt in den vergangenen 26 Jahren sichergestellt habe, fasste Schriftführer Rainer Pasta das Problem zusammen.

Ärztliche Versorgung sichergestellt

Peter Starke versicherte, dass die betroffenen Patienten keine Sorge haben müssten, dass ihre ärztliche Versorgung nicht zu 100 Prozent gewährleistet wäre. „Die Arztversorgung in Deutschland ist einmalig, 365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag und selbst an Feiertagen ist für alle Patienten eine qualifizierte Versorgung gewährleistet“, so Starke, der aber auch eine gehörige Portion Realismus einforderte. Nicht wegen jeder Kleinigkeit sei ein Arztbesuch angesagt und in der derzeitigen Situation sei es auch vertretbar, dass man ein paar Kilometer fahre, um einen neuen Arzt zu finden. In Rain, Laberweinting, Mallersdorf und Schierling würden Patienten gerne von den dort ansässigen Hausärzten aufgenommen, wenn sie in Geiselhöring nicht fündig würden. Natürlich sei jedem die freie Hausarztwahl garantiert. Dass dies nicht so einfach sei, bestätigt die Aussage von Frau Dr. Grahammer, die um Verständnis bat, dass sie derzeit keine neuen Patienten aufnehmen könne. Dies sei absolut in Ordnung, bestätigte Johann Ertl, da es jedem Arzt freistehe, so viele Patienten aufzunehmen, wie er für richtig befinde. Natürlich würden Notfälle immer behandelt werden und auch die Bereitschaftspraxis in Straubing stehe immer zur Verfügung. Für die Bewohner des Seniorenheims wurde zusammen mit den verbleibenden Ärzten in Geiselhöring und den Nachbarorten eine tragfähige Lösung gefunden, versicherte Heimleiter Ralf Neiser.

Überversorgung trotz örtlichem Hausarztmangel

Laut Kassenärztlicher Vereinigung ist Geiselhöring mit Hausärzten immer noch überversorgt, „auch wenn sie als Betroffene das aktuell ganz anders empfinden“, erklärte Johann Ertl. Derzeit seien in Geiselhöring zwar 1,5 Arztsitze unbesetzt, im Vorsorgungsgebiet (hierzu zählen neben Geiselhöring auch Laberweinting und Mallersdorf-Pfaffenberg) seien aber genügend Ärzte vorhanden. Dies sei damit begründet, dass in Mallersdorf-Pfaffenberg allein sieben Hausärzte angesiedelt seien. Aus diesem Grund sei es auch zu befürchten, dass der freie Hausarztsitz, sollte er nicht binnen 6 Monaten wieder besetzt werden, für Geiselhöring verloren gehe, bestätigte Ertl. Alle Anwesenden waren sich aber einig, dass Geiselhöring mindestens vier Hausärzte brauche. Dass es derzeit zu seinem solchen Engpass gekommen sei, habe mehrer Gründe, wie Johann Ertl und die Hausärzte bestätigten.

Aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung sei der Hausarztmangel – nicht nur in Geiselhöring – systembedingt. In Deutschland gebe es zwar immer mehr Ärzte, die Zahl der niedergelassenen Ärzte sinke dagegen immer mehr. Unter den niedergelassenen Medizinern seien weiterhin nur 2,7 Prozent jünger als 40 Jahre. Zugleich steige der Anteil der mindestens 60-Jährigen weiter. Es sei zwar viel zur Verbesserung der Situation von Hausärzten getan worden, aber junge Ärzte, vor allem Ärztinnen (mehr als 70 Prozent der Absolventen sind Frauen), würden die Selbstständigkeit und die damit verbundene Verantwortung und Belastung scheuen. Doch auch von Seiten der Patienten sei ein Umdenken von Nöten. Nicht immer und überall sei eine 100prozentige Vor-Ort-Lösung machbar.

Hausarztmangel ist systembedingt – Patienten müssen sich umstellen

Peter Roderer legte kurz dar, was ihn dazu bewogen hat, seinen Kassenarztsitz aufzugeben. Es sei zwar richtig, dass es seit sechs Jahren keine Budget-Regressforderungen mehr gebe, dafür würden Einzelverschreibungen entsprechend strikt überprüft und bei Überschreitungen bestimmter Mengen streng sanktioniert werden. Er sehe darin eine unverantwortbare und nicht hinnehmbare Einschränkung seiner ärztlichen Tätigkeit. Ertl und Roderer versicherten zwar, dass alles getan werde, um einen Nachfolger zu finden, dies aber bisher nicht mit Erfolg gekrönt worden sei. Auf Nachfrage bestätigte Ertl, dass auch von Seiten der Stadt nach einer Nachfolgeregelung gesucht werde. Hier sei es aber nötig, dass die Arztsuche zur „Chefsache“ gemacht werde. In Geiselhöring räche sich nun, dass seit mehr als zehn Jahren zwar immer wieder darüber gesprochen werde, es bisher aber immer versäumt wurde, die nötigen Voraussetzungen für eine ausreichende Arztansiedlung zu schaffen. „Es ist doch bezeichnend, dass kein Stadtrat oder Bürgermeister (-Vertreter) zu so einem wichtigen Thema erscheint“, so ein erboster Zuhörer. Vor Wahlen sei immer wieder „das Blaue vom Himmel herunter“ versprochen worden – und passiert sei nichts! Auch Peter Starke beklagte, dass es nie einen ernstgemeinten Lösungsansatz gegeben habe: „Schon vor Jahren hätte sich die Stadt mit den Ärzten zu einem ehrlichen Gespräch zusammensetzen müssen“. Niemand hatte ernsthaft Interesse daran eine Strategie zu entwickeln, um dem drohenden Ärztemangel in Geiselhöring entgegenzuwirken.

Lösungsansatz wurde seit Jahren verschlafen

Junge ÄrztInnen könnten angesiedelt werden, wenn die Rahmenbedingungen stimmten, zeigte sich Johann Ertl überzeugt. Dabei spielten medizinische Versorgungszentren (MVZ) als eine neue fachübergreifende Versorgungsform eine wichtige Rolle. Sie ermögliche u.a. Ärzten im Angestelltenverhältnis, in individuellen Arbeitszeitmodellen, an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen und würden so zur Flexibilisierung des Arztberufes bei tragen. Darüber hinaus profitieren die Patienten von der interdisziplinären und koordinierten Versorgung in diesen medizinischen Versorgungszentren. Nur so sei auch dem Bedürfnis zur Verbindung von Familie und Beruf oder das gewünschte Teamwork zu realisieren. Schierling (ebenfalls mit sieben Hausärzten besetzt) zeige, wie so etwas funktionieren könne.

Gegebenenfalls müsste ein Ärztezentrum gebaut und vermietet werden, um die nötigen Investitionen für jungen Ärzte zu minimieren oder es müssten gar Ärzte durch die Kommune (oder die Kreisklinken) angestellt werden. Soweit wird es aber nicht kommen, hofft Ertl. Im Fall Roderer sei eine moderne Praxis vorhanden und die Lebensumstände im Geiselhöring seien sehr gut. Von Seiten des Staates würde eine Niederlassung mit bis zu 60.000 Euro oder die Gründung einer Filialpraxis mit bis zu 15.000 Euro gefördert werden.

VERAHs und Näpas unterstützen Hausärzte

Eine weitere Möglichkeit sei die Entlastung der (neuen) Ärzte durch den Einsatz von nichtärztlichem Fachpersonal, sogenannten VersorgungsassistentInnen in der Hausarztpraxis (VERAHs) oder Nichtärztlichen PraxisassistentInnen (Näpas), die speziell ausgebildet, eine Vielzahl von Aufgaben im Bereich der Hausbesuche übernehmen könnten. Johann Ertl berichtete, dass in Straubing von 62 Hausärzten bereits 15 dieser speziell weitergebildeten MitarbeiterInnen eingesetzt würden, in Niederbayern würde dies von rund einem Drittel der Hausärzte umgesetzt.

 

  

Projekt 2016 - Schuld & Sühne?

„Historischen Themennachmittage" im Labertal

Die intensive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist wichtig um die Gegenwart zu verstehen und der Zukunft zu vertrauen. Der AK Labertal will fundierte Geschichtsbewältigung unter sozialdemokratischen Gesichtspunkten anbieten Es gibt nichts zu glorifizieren, nichts zu beschönigen und schon gar nichts zu rechtfertigen. Wir wollen aber auch nicht anklagen und verurteilen - keiner von uns kann heute sagen, wie er sich selbst verhalten hätte, in einer anderen Zeit.

- Rückblick -
Der SPD-Arbeitskreis Labertal hat mit dem „Historischen Themennachmittag“ zur Schierlinger Muna am 24. Januar 2010 begonnen, sich mit den Ereignissen vor 65 Jahren genauer zu beschäftigen. Neben dem „Wunder von Schierling“ sollt der Blick auch auf die Todesmärsche durch das Labertal gelenkt werden.

Die Brüder Gandorfer beschäftigten den AK am historischen Datum 7. November 2010 in Pfaffenberg.

Im Spätherbst 2011 wurde mit "Die Engel von Laberweinting" erneut an das Thema "65 Jahre Kriegsende" angeknüpft. 62 tote Kinder in nur wenigen Monaten, so die Bilanz des Entbindungs- und Kinderheims für Fremdländische.

Der letzte „Historische Themennachmittag“„GELINZT - Euthanasie- Opfer aus dem Labertal“ fand am 4. März in Geiselhöring statt. Das Thema wurde mit einer Informationsfahrt am 14. April an den Gedenkort Hartheim bei Linz abgerundet.

Die Dokumentationen zu den Themennachmittagen (oder den Bonhoeffer-Wochen) sind unter www.agentur-labertal.de zu bestellen!

Projekt 2015 - Flucht, Vertreibung und Asyl

Flucht, Vertreibung und Asyl 1945 / 2015

Sonstiges

 

120 Jahre BayernSPD - Im Dienst von Freiheit und Demokratie Frauen sind in der rechtsextremen Szene keine Seltenheit mehr – sie sind die „nette“ Nachbarin oder betreiben Biolandbau und verkaufen „Deutschen Honig“ und unterwandern so die Gesellschaft mit neonazistischem Gedankengut. Die Ausstellung „Braune Schwestern“ aus Österreich war 2012 erstmals in Niederbayern zu sehen und beschäftigt sich mit der Symbolik, den Liedern und dem Gedankengut der rechtsextremen Frauenszene.