Schwandorf. Zur Vorbereitung des Bezirksparteitags traf sich der Vorstand der OberpfalzSPD zu seiner letzten Sitzung vor den turnusmäßigen Neuwahlen in Schwandorf. Im Mittelpunkt der Diskussion standen die Ereignisse rund um die rechtsextremistische Terrorzelle von Zwickau und die dubiose Rolle von Ermittlungsbehörden und Verfassungsschutzorganen in dieser Affäre. SPD Bezirksvorsitzender MdL Franz Schindler hält es für möglich dass sich der Skandal zu einer Staatskrise ausweitet.
Allein fünf der Opfer der Neonazis wurden in Bayern getötet, keine einzige Ermittlung in der Mordserie zeigte in die richtige Richtung, die Verfassungsschutzämter führten die Ermittlungsbehörden von vorne herein auf die falsche Spur, ob mit Vorsatz oder unabsichtlich wird zu klären sein. In jedem Fall, so Schindler, stelle sich die Frage nach der Notwendigkeit eines solchen Verfassungsschutzes.
Die These von den unorganisierten Einzeltätern bei nachgewiesen rechtsextremen Straftaten wird in konservativen politischen Kreisen seit jeher gepflegt und jetzt drastisch widerlegt. Schindler erinnerte in diesem Zusammenhang auch an den Brandanschlag mit vier Todesopfern in Schwandorf vom 17. Dezember 1988. Auch in diesem Fall schlossen die Behörden nach bewährtem Muster organisierte rechtsterroristische Aktivitäten aus was spätestens seit dem Untertauchen des strafentlassenen Täters in Neonazi-Kreisen eine andere Qualität hat.
Der Amberger Europaabgeordnete Ismail Ertug berichtete von zahllosen Anfragen türkischer Medien und besorgter türkischer Mitbürger in seinen Büros. „Die Menschen sind in Sorge und sensibilisiert“, so Ertug, „die Aufklärungsmaßnahmen werden in Europa sehr genau beobachtet, der Skandal zieht eine negative außenpolitische Wirkung nach sich.“
Ismail Ertug forderte auch die Wiederaufnahme der Ermittlungen zur Brandkatastrophe von Ludwigshafen bei der am 3. Februar 2008 neun Menschen getötet und 60 verletzt wurden. Auch hier gab es Ungereimtheiten die bis heute nicht geklärt wurden.
Der Vorstand verabschiedete eine Resolution von Sebastian Roloff „Rechtsextremen Terror wirksam bekämpfen – Solidarität mit den Angehörigen“, die dem Bezirksparteitag zum Beschluss vorgelegt wird.
Rechtsextremen Terror wirksam bekämpfen – Solidarität mit den Angehörigen
Die SPD in der Oberpfalz ist schockiert über die Reihe rechtsextremer Straftaten, deren Verbindung und Ausmaß erst in den letzten Tagen zum Vorschein gekommen sind und drückt den Hinterbliebenen der Opfer ihr vollstes Mitgefühl und ihre Solidarität aus.
Vielzahl und System der Morde und weiterer Straftaten, die unter der völlig unangebrachten Bezeichnung „Döner-Morde“ in der deutschen Medienlandschaft firmieren, deren offen rechtsextreme Motivation und der Umstand, dass es den staatlichen Strafverfolgungsbehörden nicht möglich war, dies zu erkennen und zu unterbinden, werfen einige Fragen auf und müssen zu Konsequenzen führen.
So sind Konzeption und Arbeitsweise des Verfassungsschutzes des Bundes und der Länder auf den Prüfstand zu stellen, hinsichtlich ihrer Effektivität zu überprüfen und ggf. Konsequenzen hieraus zu ziehen. Insbesondere die Methode, über das „Abschöpfen“ von sog. V-Leuten aus dem rechtsextremen Milieu gegen teils beträchtliche Geldzahlungen Informationen zu gewinnen, muss einer grundlegenden Überprüfung unterzogen werden.
Hierbei ist stets fraglich, wie zutreffend oder verlässlich die Angaben gegenüber dem Verfassungsschutz generell sind, da hier ja weitgehend frei Angaben gemacht werden können und ob man durch dieses staatliche Geld, was laut einschlägigen Quellen in vielen Fällen an die überwachten rechtsextremen Parteien und Organisationen weitergereicht wird, nicht mehr Schaden als Nutzen im Bezug auf die Schwächung dieser Szene erzeugt. Dies gilt umso mehr, wenn es sich bewahrheiten sollte, dass V-Leute auch mindestens unmittelbar bei Straftaten zugegen waren und dies ggf. auch Einfluss auf den Ermittlungsverlauf gehabt haben könnte.
Die OberpfalzSPD setzt sich darüber hinaus für eine konsequente Strategie zur Bekämpfung jedweder rechtsextremer Aktivitäten ein und fordert hierzu u.a. die Prüfung einer erneuten Aufnahme eines NPD Verbotsverfahrens und der Möglichkeiten, rechtsextreme Vereine und Zusammenschlüsse wo möglich zu verbieten.
Wir verurteilen überdies jedwede Kürzung oder Umwidmung von Mitteln zur Förderung des Kampfes gegen Rechts und setzen uns – im Gegenteil – für eine Aufstockung dieser Mittel und gegen Maßnahmen, die entsprechende Aktivitäten behindern können, ein.