MdB Werner Schieder und MdB Marianne Schieder kündigen ihr "Ja" zum EFSF an.
Bei der morgigen Abstimmung über den Euro-Rettungsfonds "Europäische Finanzstabilisierungsfazilität" (EFSF) werden die SPD-Bundestagsabgeordneten Marianne Schieder und Werner Schieder mit "Ja" stimmen. Beide Abgeordnete begründen ihre Zustimmung mit grundsätzlichen Erwägungen zur Finanzmarktstabilität in der Europäischen Union.
Erklärung von MdB Marianne Schieder:
Ich werde für den Rettungsschirm stimmen. Es gibt aus meiner Sicht keinen Weg zu einer geordneten Insolvenz Griechenlands. Viel wahrscheinlicher ist, dass Spanien, Portugal, Irland und Italien folgen werden, wenn Griechenland nicht gerettet wird. Dies hätte schlimmste Folgen für unsere Wirtschaft.
Die Bundesrepublik Deutschland braucht den Euro. Wir sind eine Exportnation. Zwei Drittel unserer Ausfuhrwaren gehen in die Länder der EU. Man schätzt, dass der Euro der deutschen Wirtschaft ca. 10 Milliarden spart – alleine weil keine Währungsschwankungen mehr verarbeitet werden müssen.
Das große Versagen der Bundesregierung besteht darin, dass sie nicht wusste, was sie will und zum Teil jetzt noch kein klares Konzept hat. Aus populistischen Gründen hat sie immer wieder so getan hat, als könne sich Deutschland aus der Krise raus halten. Die Bundeskanzlerin hat sich das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lassen. Das hat mittelfristige Lösungen blockiert. Jetzt muss endlich gehandelt werden.
Neben dem Rettungsschirm braucht es ein Konzept der Gläubigerbeteiligung und die Einführung einer Transaktionssteuer. Aus dem Erlös könnte man ein Wachstumsprogramm für die europäische Wirtschaft entwickeln. Wir brauchen in Europa mehr Gemeinsamkeit in der Wirtschafts- und der Steuerpolitik.
All das wollte die SPD von Anfang an. Jetzt ist die Bundesregierung - zumindest teilweise - endlich auch soweit. Hätte man gleich auf uns gehört, könnten wir schon viel weiter sein.
persönliche Erklärung von MdB Werner Schieder:
"Bei der namentlichen Abstimmung über die Erweiterung der EFSF habe ich mit JA gestimmt. Das bedeutet aber keineswegs, dass ich ansonsten die falsche Anti-Krisenpolitik der Bundesregierung unterstütze.
1. Ich habe zugestimmt, weil ich es grundsätzlich für richtig halte, mit einem handlungsfähigen Rettungsschirm die Attacken von spekulierenden Finanzmärkten gegen einzelne Länder abzuwehren und so die Refinanzierung von Krisenstaaten zu vernünftigen Zinsen sicherzustellen. Notwendig ist eine glaubwürdige Garantie der gesamten Eurozone. Deshalb bedarf es einer Institution, die als Vermittlungsstelle zwischen die Staaten, deren Refinanzierung sichergestellt werden muss, und die aggressiven Finanzmärkte, denen die einzelnen Länder mangels eigener Währung und
Zentralbank schutzlos ausgeliefert sind, gestellt wird.
2. Vor diesem Hintergrund ist allerdings auch der erweiterte EFSF
unzureichend. Erstens, weil erneut offen bleibt, ob und in welchem
Umfang einzelnen Ländern tatsächlich geholfen wird, wenn sie in
Refinanzierungsschwierigkeiten kommen. Zweitens ist das begrenzte
Ausleihvolumen nicht ausreichend, wenn z.B. auch Länder wie Italien und Spanien in solche Schwierigkeiten – ausgelöst durch Wetten im
Finanzmarktcasino – geraten.
3. Vielmehr ist es notwendig, den EFSF zu einer „Bank für
Staatsanleihen“ weiterzuentwickeln (Eurobonds), die eine verlässliche
und glaubwürdige Garantie für die gesamte Eurozone darstellt. Diese Bank muss sich bei der EZB refinanzieren können. Ihr effektives
Ausleihvolumen ist nicht begrenzt. Zudem entsteht dadurch ein
hochliquider Markt für Staatsanleihen in Euro, der für Anleger attraktiv ist.
4. Die Bundesregierung muss ihre einseitige Fixierung auf die
Staatsverschuldung als angebliche Folge nachlässiger Haushaltspolitik
aufgeben. Der Anstieg der Staatsverschuldung seit 2007/2008 ist
eindeutig eine Folge der Finanzkrise und damit das Resultat
unregulierter Finanzmärkte. Vor der Finanzkrise hatten alle Länder
nachweisbar Konsolidierungserfolge erzielt. Das Hochschnellen der
Staatsschulden seit Ausbruch der Krise hätte weder durch Schuldenbremsen noch durch einen verschärften Stabilitätspakt verhindert werden können.
5. Neben der Besicherung der Eurozone sind die Ungleichgewichte in
Wettbewerbsfähigkeit und Leistungsbilanzen in den Focus zu nehmen, die den entscheidenden realwirtschaftlichen Hintergrund für die Krise der Eurozone bilden. Hier braucht vor allen Dingen Deutschland als mit Abstand größtes Überschussland einen Kurswechsel hin zu einer dauerhaften Ausweitung der Binnennachfrage und einer expansiveren Lohnpolitik. Dem verwehrt sich dogmatisch die Bundesregierung und steuert so die gesamte Eurozone in eine anhaltende Phase der Stagnation.
6. Die Bundesregierung ist mit ihrer fatalen Anti-Krisenpolitik im Fall
Griechenland gescheitert. Ihre Politik der radikalen Spardiktate und
drastischer Lohn- und Ausgabenkürzungen hat Griechenland in eine schwere Rezession mit verheerenden wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen getrieben. Die Bundesregierung trägt dadurch – aber auch, weil sie alle bisherigen Stabilisierungsmaßnahmen bis zum heute vorliegenden erweiterten EFSF immer erst monatelang abgelehnt hat - eine wesentliche Mitverantwortung für die Eskalation der Eurokrise und die Gefahr der Ansteckung weiterer Euroländer."