Labertaler Drei-Königs-Treffen 2016 - 2

Veröffentlicht am 26.01.2016 in Veranstaltungen

Text und Bild: Martin Auer

SPD steht fest zu ihren Grundwerten und zur Mitmenschlichkeit!

Natascha Kohnen stellt klar: Keine Änderung des Asyl-Grundrechts mit der SPD.

Die Debatte um die Flüchtlinge bestimmte auch das 19. Labertaler Dreikönigstreffen  der Schierlinger SPD und des SPD-Arbeitskreises Großes und Kleines Labertal im Restaurant „Top Four“, zu dem zahlreiche Teilnehmerinnen und Teilnehmer von fünfzehn Ortsvereinen von Regenstauf bis Obersüßbach und von Rohr bis Geiselhöring gekommen waren.

Unter den vielen Gästen aus Nah und Fern begrüßte die SPD-Ortsvorsitzende Madlen Melzer  den stellvertretenden Landrat Hans Dechant, Regenstauf, die Landtagsabgeordneten Johanna Werner-Muggendorfer aus Neustadt und Ruth Müller, Pfeffenhausen, 1. Bürgermeister Peter Forstner, Neufahrn, 2. Bürgermeister Sebastian Hutzenthaler, Ergoldsbach, die Sprecher des Arbeitskreises Karin Hagedorn und Rainer Pasta sowie die SPD-Kreisvorsitzenden Rainer Hummel, Kallmünz, Martin Kreutz, 3. Bürgermeister Mallersdorf-Pfaffenberg, die Oberpfälzer Bezirksvorsitzende von 60plus, Brigitte Wilhelm, und den Schierlinger Marktrat Josef Röhrl. Sie hoffe, so Madlen Melzer in ihrer Begrüßungsansprache, „dass wir uns nicht von Kleinmut und Hetze beeinflussen lassen, sondern unsere Mitmenschlichkeit bewahren, die angesichts der angekommenen Menschen dringend erforderlich ist.“ Auf der Basis des Grundverständnisses müsse man ein wachsames Auge und einen unverstellten Blick auf die Probleme innerhalb und außerhalb des Landes haben.

MdL Ruth Müller: Jede Zeit hat ihr eigenen Fremden.

„Jede Zeit hat ihre eigenen Fremden und unsere Aufgabe muss es sein, die passenden Antworten für die jeweilige Zeit zu finden,“ betonte in ihrem Grußwort die Kreis- und Fraktionsvorsitzende im SPD-Kreisverband Landhut-Land, MdL Ruth Müller. Mit Hinweis auf die Ausstellungsreihe „70 Jahre Flucht und Vertreibung des Arbeitskreises Labertal in 15 Städten und Gemeinden spannte sie einen Bogen von der großen Flüchtlings- und Vertreibungsbewegung nach Kriegsende über die Zuwanderungsströmen der letzten Jahrzehnten. Sie hätten Deutschland reicher und stärker gemacht. Die Bewältigung des Flüchtlingszustroms hat nach Meinung des SPD-Kreis- und Fraktionsvorsitzenden Rainer Hummel für den Landkreis Regensburg eine herausragende Bedeutung gehabt. Für die Sozialdemokraten war diese Entwicklung vorhersehbar, weshalb man schon im Frühjahr 2014 im Koalitionsvertrag auf einer dezentralen Unterbringung der Flüchtlinge bestanden und Vorsorge getroffen habe. Dank der engagierten Landkreisverwaltung und Ehrenamtlichen funktioniere die Unterbringung und Versorgung nahezu reibungslos. Weltoffenheit sei vor allem ein Rezept für ein friedliches Zusammenleben, betonte der Kreisvorsitzende des SPD-Kreisverbandes Straubing-Bogen, Martin Kreutz, in seinem Grußwort am Ende der Veranstaltung. Man dürfe sich in der Flüchtlingsfrage nicht zu populistischen Äußerungen  hinreißen lassen, sagte er an die Adresse von CSU-Politikern.

Die Hauptrednerin des Dreikönigstreffens, die SPD-Generalsekretärin der BayernSPD Natascha Kohnen,MdL, nahm sich Zeit an diesem Abend. Für die zahlreichen Gäste gab es vorher und nachher einen freundlichen Händedruck für jede und jeden und viele nette Gespräche. Aber auch ihre Rede zur Flüchtlingslage war gekennzeichnet von der Empathie, die davon zeugte, dass es bei allem um Menschen und ihre Würde und Freiheit geht. Zu Beginn gab es von ihr einen kurzen Rückblick auf ihre Jugendzeit, in der sie während ihres Studiums viele Jahre in Regensburg gelebt hatte. Ihre ersten politischen Erfahrungen hatte sie in Wackersdorf beim Kampf gegen die geplante WAA und beim Einsatz für eine andere Energiepolitik gemacht. Die rote Rose bzw. rote Nelke habe sie als Symbol für eine SPD gesehen, die blüht. Ihr 19-jähriger Sohn engagiere sich zur Zeit in Ghana im Rahmen eines sozialen Jahres         und gebe ihr angesichts der grenzenlosen Armut dort einen persönlichen Einblick in die Gründe der Armutswanderung nach Europa.

Mehr Demokratie, Offenheit und Freiheit als Antwort auf die Gewalt.

Die zunehmende Armut in vielen Ländern und grauenhafte terroristische Auseinandersetzungen lösten weltweit Flüchtlingsbewegungen aus, darunter auch nach Europa, betonte die SPD-Politikerin. Wie eine freiheitliche Gesellschaft mit dem Terror umgehen müsse, habe sich nach den Massakern in Frankreich im vergangenen Jahr und vor Jahren in Norwegen gezeigt. Für den damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg habe auf die Gewalt durch einen rechtsradikalen Massenmörder nur die Antwort gegeben: „Mehr Demokratie, mehr Offenheit und mehr Freiheit.“ Und der vor einem Jahr ermordete Chefredakteur der französischen Satirezeitschrift antwortete auf die massiven Morddrohungen: „Lieber stehend sterben als auf Knien leben.“          

CSU soll Papst Franziskus in ihr Herz und in ihren Kopf hinein holen.  

Die Probleme der Flüchtlingsbewegung sind nach Meinung von Natascha Kohnen nicht von heute auf morgen gekommen. Die CSU spiele jetzt die überraschte. Dabei hätten die Deutschen jahrelang einfach weg geschaut und es den Ländern an der EU-Außengrenze überlassen, wie sie mit dem Flüchtlingsstrom zurecht kämen. Bei deren Hilferufen sei einfach weggehört oder von der CSU hämisch kommentiert worden. Papst Franziskus habe bei seinem Besuch auf der Insel Lampedusa im Sommer 2013 die „globalisierte Gleichgültigkeit“ kritisiert, durch die wir uns an das Leiden des Nächsten gewöhnt hätten, die uns nichts angehen würden und uns nicht interessierten. Im Europaparlament habe der Papst im November 2014 betont, dass man nicht hinnehmen dürfe, dass das Mittelmeer zu einem großen Friedhof werde. Das Fehlen gegenseitiger Unterstützung innerhalt der EU laufe Gefahr, „partikularistische Lösungen des Problems anzuregen, welche die Menschenwürde der Einwanderer nicht berücksichtigen und Sklavenarbeit sowie ständige soziale Spannungen begünstigen.“ Dazu die Generalsekretärin: „Vor allem erwarte ich von Parteien, die ein ‚christlich‘ in ihrem Namen tragen, dass sie sich diese Worte von Papst Franziskus in ihren Kopf und in ihr Herz hinein holen.“  Sie unterstützte ihren Parteifreund Martin Schulz, der beim SPD-Bundesparteitag das Flüchtlingsproblem als europäische Aufgabe bezeichnet habe. Europa sei eine Wertegemeinschaft mit der Achtung der Menschenwürde, der Solidarität und Toleranz als Priorität, keine Solidargemeinschaft für  die Banken und Konzerne.

Haltung zeigen. Grundrecht auf Asyl nicht verhandelbar.

Die Gesellschaft in Deutschland und in Bayern gerate immer mehr in eine stark zunehmend polarisierende und emotionale Debatte, die die Menschen verunsichere und Ängste schüre, fuhr die Generalsekretärin fort. Vehement warnte sie davor, die beschämenden Vorfälle von Köln zum Schüren von Ausländerfeindlichkeit zu benützen. Grundsätzlich müsse sich jeder fragen, welche Haltung er gegen Menschen aus einem anderen Kulturkreis habe, die bei uns Zuflucht vor Krieg und Verfolgung suchten. Welche Bedeutung habe für mich die Achtung der Würde dieser Flüchtlinge? Für die eigene Partei machte die SPD-Politikerin unter großem Beifall eine klare Ansage: „Wir Sozialdemokraten haben eine Richtschnur; diese ist im Grundsatzprogramm  festgeschrieben: Unser humanistisches Menschenbild, eine Gesellschaft der Freien und Gleichen, in der jeder Mensch seine Persönlichkeit frei entfalten kann, ohne die Würde und Freiheit anderer zu verletzen. Deshalb ist für uns Sozialdemokraten eines nicht verhandelbar – das Grundrecht auf Asyl.“

Integration große Aufgabe und nicht zum Nulltarif.

MdL Natascha Kohnen  forderte ein Konzept für alle Zuwanderer. An einem modernen Einwanderungsgesetz als Grundvoraussetzung für die Bewältigung der Intergrationsaufgabe führe kein Weg vorbei: „Klar ist aber auch, dass es die Integration nicht zum Nulltarif gibt.“ Integration gelinge nur, wenn die aufnehmende Zivilgesellschaft und die Zuwanderung mit der gleichen Empathie und gleichen Energie behandelt und soziale Konkurrenzen vermieden würden. Das gelte zum Beispiel für den sozialen Wohnungsbau. Sie warnte die CSU davor, die einheimische Bevölkerung gegen die Flüchtlinge auszuspielen. Kohnen verurteilte es deshalb, dass die CSU-Staatsregierung in München bei der Förderung von Flüchtlingswohnungen einen wesentlich höheren Fördersatz zahlen wolle als bei Wohnungen für Einheimische. Der soziale Wohnungsbau habe für die CSU seit vielen Jahren keine Rolle mehr gespielt. Stattdessen habe sie ohne Not über 33.000 eigene Wohnungen an einen Konzern verscherbelt. Ebenso habe sie im Handumdrehen zur Rettung der Landesbank zehn Milliarden Euro ausgegeben. Die Staatsregierung müsse, so Kohnen, in die Integration investieren. Vor allem die Kommunen sowie die sozialen Organisationen und die Ehrenamtlichen bräuchten eine wesentlich höhere Unterstützung. Denn diese seien es, die als Erste die Integration möglich machten. Aber auch die Wirtschaft brauche Unterstützung bei der Ausbildung von Fachkräften. „All das geht nicht von heute auf morgen und braucht Zeit“, mahnte sie zur Geduld.

Fluchtursachen bekämpfen. Wer Waffen sät, der erntet Flüchtlinge.

Die Ursachen für die Massenflucht aus dem Nahen Osten und aus Afrika bekämpfe man nicht mit Obergrenzen oder dem Bau von Grenzzäunen, betonte die SPD-Generalsekretärin abschließend. In Afrika, dem von Europa über Jahrhunderte ausgeplünderten Kontinent, müsse man den Leuten Perspektiven geben und den Hunger bekämpfen. Außenminister Steinmeier bemühe sich seit langem um eine bessere Finanzierung der Flüchtlingslager und Unterstützung der Nachbarländer von Syrien wie Jordanien, Libanon und auch die Türkei. Die Umweltministerin Barbara Hendricks habe sich erfolgreich für das Weltklimaschutzabkommen von Paris eingesetzt, um mittel- und langfristig eine Klimawende zu erreichen- Denn die Klimaveränderung werde sonst noch viele Millionen Menschen in Not und Armut stürzen und sie zu Flüchtlingen machen. Auch aus diesem Grund kämpfe die SPD seit Jahrzehnten für eine wirksame Energiewende. Das Konzept der CSU-Umweltministerin Scharf sei dagegen „eine einzige Katastrophe.“ Schließlich müsse man sich auch über den Waffenhandel mehr als nur unterhalten müssen. Natascha Kohnen: Wer Waffen sät, erntet Flüchtlinge.“ Auf die massiv zunehmende Ausländerfeindlichkeit und hemmungslosen Hetze in den Medien und sozialen Netzwerken durch radikalisierte „Wutbürger“ und Rechtsextremisten gab sie noch einmal für die SPD eine eindeutige Antwort: „Wir behalten unsere Wertehaltung bei. Trotz alledem.“ Lang anhaltender Beifall belohnte die Generalsekretärin für ihre engagierte Rede. Madlen Melzer bedankte sich bei ihr mit einem kleinen Geschenk. Mallersdorf‘s 3. Bürgermeister Martin Kreutz sprach dann das „Ite! Missa est.“

 

  

Projekt 2016 - Schuld & Sühne?

„Historischen Themennachmittage" im Labertal

Die intensive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist wichtig um die Gegenwart zu verstehen und der Zukunft zu vertrauen. Der AK Labertal will fundierte Geschichtsbewältigung unter sozialdemokratischen Gesichtspunkten anbieten Es gibt nichts zu glorifizieren, nichts zu beschönigen und schon gar nichts zu rechtfertigen. Wir wollen aber auch nicht anklagen und verurteilen - keiner von uns kann heute sagen, wie er sich selbst verhalten hätte, in einer anderen Zeit.

- Rückblick -
Der SPD-Arbeitskreis Labertal hat mit dem „Historischen Themennachmittag“ zur Schierlinger Muna am 24. Januar 2010 begonnen, sich mit den Ereignissen vor 65 Jahren genauer zu beschäftigen. Neben dem „Wunder von Schierling“ sollt der Blick auch auf die Todesmärsche durch das Labertal gelenkt werden.

Die Brüder Gandorfer beschäftigten den AK am historischen Datum 7. November 2010 in Pfaffenberg.

Im Spätherbst 2011 wurde mit "Die Engel von Laberweinting" erneut an das Thema "65 Jahre Kriegsende" angeknüpft. 62 tote Kinder in nur wenigen Monaten, so die Bilanz des Entbindungs- und Kinderheims für Fremdländische.

Der letzte „Historische Themennachmittag“„GELINZT - Euthanasie- Opfer aus dem Labertal“ fand am 4. März in Geiselhöring statt. Das Thema wurde mit einer Informationsfahrt am 14. April an den Gedenkort Hartheim bei Linz abgerundet.

Die Dokumentationen zu den Themennachmittagen (oder den Bonhoeffer-Wochen) sind unter www.agentur-labertal.de zu bestellen!

Projekt 2015 - Flucht, Vertreibung und Asyl

Flucht, Vertreibung und Asyl 1945 / 2015

Sonstiges

 

120 Jahre BayernSPD - Im Dienst von Freiheit und Demokratie Frauen sind in der rechtsextremen Szene keine Seltenheit mehr – sie sind die „nette“ Nachbarin oder betreiben Biolandbau und verkaufen „Deutschen Honig“ und unterwandern so die Gesellschaft mit neonazistischem Gedankengut. Die Ausstellung „Braune Schwestern“ aus Österreich war 2012 erstmals in Niederbayern zu sehen und beschäftigt sich mit der Symbolik, den Liedern und dem Gedankengut der rechtsextremen Frauenszene.