Ausstellungseröffnung "Weiße Rose" in Schierling

Veröffentlicht am 14.07.2013 in Veranstaltungen

Die „Weiße Rose“ blüht auch heute noch im Garten unserer freiheitlichen Demokratie

Ihr habt geschrien, wo alle schwiegen – es ging ums Tun und nicht ums Siegen!“ In diesen Zeilen aus dem Lied des Liedermachers und Sängers Konstantin Wecker über die die Mitglieder der Weißen Rose steht die zentrale Würdigung ihres Widerstandes, die Martin Auer an das Ende seiner Rede stellte.

Er war kurzfristig für den an einer heftigen Sommergrippe erkrankten Vorsitzenden des Landeskomittees der Katholiken in Bayern, Dr. an das Ende seiner Rede stellte. Er war kurzfristig für den an einer heftigen Sommergrippe erkrankten Vorsitzenden des Landeskomittees der Katholiken in Bayern, Dr.
Albert Schmid, eingesprungen. Mit diesem eindrucksvollen Eröffnungsabend startete im Gasthaus Aumeier die Ausstellung der „Weißen-Rose-Stiftung“ über die Widerstandsgruppe der Weißen Rose, die vor 70 Jahren von der Gestapo zerschlagen wurde. Dabei landeten über 50 Mitglieder vor dem Volksgerichtshof und wurden ihre wichtigsten Leitfiguren ermordet. Hans und Sophie Scholl, Christoph Probst, Willi Graf, Alexander Schmorell und Prof. Kurt Huber sind neben Hans Leipelt die bekanntesten Namen, die in München-Stadelheim unter dem Schafott den Tod fanden. Zur Münchner Widerstandsgruppe, die sich vor allem aus der Studentenschaft und einem kleinen Professorenkreis rekrutierte, zählte auch der berühmte Dichter und Schriftsteller Werner Bergengruen. Von München aus entwickelte sich ein Netz von „Widerstandsgruppen von Ulm, Stuttgart, Freiburg nach Saarbrücken, Hamburg und Berlin; dort zur sogenannten „roten Kapelle“ und zur Gruppe um Dietrich Bonhoeffer und Hans von Dohnanyi.

Großartig gestaltet wurde die Eröffnungsfeier vom Gospel-Chor unter der Leitung von Hans Weger aus Buchhausen. Ihr „Call it Out“ war mit den Songs und Stücken an diesem Abend ein echtes „Ausrufezeichen“. Hoch musikalisch und stimmgewaltig trugen sie mit ihren Beiträgen zur Ehrung der Weißen Rose“ bei.
Der SPD-Arbeitskreis Labertal und der SPD-Ortsverein hatten die Organisation vor Ort übernommen. Er hatte schon in der Vergangenheit wichtige Akzente in der Erinnerungsarbeit mit der großen Bonhoeffer-Ausstellung, dem kleinen Widerstand im Labertal und weiteren Veranstaltungen über die Verbrechen des Dritten Reiches in der Region gesetzt. Angesichts einer steigenden Akzeptanz und Tolerierung rechtsextremer Positionen und angesichts des Umständen, dass altersbedingt immer weniger Zeitzeugen zur Verfügung stehen, um vor allem den Jugendlichen über die 12-jährigen Schreckenszeit zu warnen, gehört für den SPD-Arbeitskreis der Kampf gegen das Vergessen zur zentralen politischen Arbeit. Deshalb unterstützt er im Gedenkjahr die Weiße-Rose-Stiftung bei der Präsentation ihrer Wanderausstellung in vier Gemeinden des Labertales von Rohr bis Geiselhöring.

Den Auftakt machte der frühere SPD-Bezirksgeschäftsführer, Markt- und Kreisrat Martin Auer mit seinem Referat über den Widerstand im Allgemeinen und in seiner christlichen Dimension. Er verwies zu allererst auf das Grundgesetz, Artikel 20 Abs. 4, daß alle Deutschen das Recht zum Widerstand „gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen“, haben, „wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“ Auch die Katholische Kirche bekenne sich klar zum Widerstandsrecht gegen Unrechtsregime. Auer zitierte dazu aus dem von Joseph-Kardinal Ratzinger, später Papst Benedikt XVI., herausgegebenen Katholischen Katechismus und aus dem Konzilsdokument „gaudium et spes“. Die Rechtfertigung des Widerstandes aus der evangelischen Sicht zeige sich in den Dokumenten der Bekennenden Kirche und ihrer Leitfigur Dietrich Bonhoeffer. Seine Ethik der Verantwortung und Zivilcourage habe ihn zur wagemutigen Stellungnahme gegen Hitlerismus, Nationalsozialismus, Rassismus und Terror unter Aufopferung seines Lebens geradezu gezwungen. Die Handlungsweise und das Denken der in der Weißen Rose organisierten Persönlichkeiten hätten hier ihre sittliche Rechtfertigung. Auf dem Fundament des Widerstandes gegen das Terrorregime, sei er christlich, sozialdemokratisch, militärisch oder humanistisch begründet, basiere auch die bayerische Verfassung mit ihrer Präambel: „Angesichts des Trümmerfeldes, zu dem eine Staats- und Gesellschaftsordnung ohne Gott, ohne Gewissen und ohne Achtung vor der Würde des Menschen die Überlebenden des zweiten Weltkrieges geführt hat, in dem festen Entschlusse, den kommenden deutschen Geschlechtern die Segnungen des Friedens, der Menschlichkeit und des Rechtes dauernd zu sichern, gibt sich das Bayerische Volk, eingedenk seiner mehr als tausendjährigen Geschichte, nachstehende demokratische Verfassung.“

„Einer muss ja doch mal schließlich anfangen.“ (Sophie Scholl)

Im zweiten Teil seiner Rede beschrieb Martin Auer den Weg der Mitglieder der „Weißen Rose“ in den Widerstand, zu dem sich die meisten erst im Laufe der Jahre des „Dritten Reiches“ und des Krieges entschlossen hatten. Ihnen sei es ähnlich ergangen wie vielen anderen Deutschen. Martin Auer zitierte dazu aus einem Feldpostbrief seines Vaters im Juni 1944 aus einem Strafbataillon an der Ostfront, zu dem er verurteilt worden war: „Ich weiß auch erst seit einiger Zeit, wie schön es zu Hause ist, denn man muß ja erst etwas verlieren, um zu wissen, was es einem bedeutet; ebenso ist es mit der Freiheit, die wir seit 1933 verloren haben….; aber ich kann mich eben nicht an dieses System gewöhnen…Von Zeit zu Zeit geht meine Wut darüber durch und dann mach ich mir selbst das Leben schwer….ohne dabei etwas gegen die Willkür meiner Peiniger machen zu können.“ Die Erfahrungen der Studenten an der Ostfront, die Massenvernichtung der Juden und der polnischen Intelligenz, die Euthanasie-Verbrechen, all das habe sie veranlasst, ihrem Gewissen zu folgen und im Rahmen ihrer technischen und organisatorischen Möglichkeiten zum Widerstand gegen Hitler und sein Verbrecher-Regime aufzurufen. Besonders vor dem Volksgerichtshof und auf dem Gang zum Schafott habe sich ihr standfester Charakter, unerschütterlicher Mut und ihre tiefe Gläubigkeit gezeigt.

Nach einigen Auszügen aus den letzten Flugblättern der Weißen Rose vor ihrer Verhaftung am 18. Februar 1943 schloss Martin Auer seine Rede mit der Würdigung der Opfer durch drei Bundespräsidenten, Richard von Weizsäcker, Johannes Rau und Joachim Gauck. Letzterer schloss seine Gedenkrede in München am 31. Januar: „Aber zugleich ist es Aufforderung an uns Heutige, mit unserer Kraft für alles einzustehen, wofür sie damals ihr Leben gegeben haben: für Menschlichkeit und Anstand, für Freiheit und Rechtsstaat.“

Die SPD-Ortsvorsitzende Madlen Melzer schilderte anschließend eindrucksvoll am Beispiel der Geschwister Hans und Sophie Scholl den Werdegang der Widerstandsgruppe, die sich im wesentlichen aus jungen Leuten im Alter von 20 bis 25 Jahren zusammensetzte. Ihre Hobbies und Neigungen hätten der Kunst und der Literatur, der Musik und dem Bergwandern und vielem anderen gegolten, wie sie junge Menschen eben hätten, schilderte sie deren Weg in den Widerstand, zu dem sie ihr Gewissen getrieben hatte. Sie seien ein wichtiger Teil der Opposition in Deutschland gewesen. Die Nazis hatten 130.000 von ihnen ermordet, 180.000 in Konzentrationslagern und Gefängnissen inhaftiert und über eine Million Menschen zu den Gestapo-Verhören gezwungen. „In Deutschland lebte eine Opposition, die zum Edelsten und Größten gehört, was in der politischen Geschichte aller Völker hervorgebracht wurde….Aber ihre Taten und Opfer sind das unzerstörbare Fundament des neuen Aufbaus,“ zitierte Madlen Melzer den damaligen britische Premier Sir Winston Churchill in seiner Würdigung der„Weißen Rose“. Der Liedermacher Konstantin Wecker hatte die Bedeutung der „Weißen Rose“ für die Gegenwart in vier Verszeilen gepackt: „Ihr wärt hier so wichtig, Sophie und Hans, Alexander und all die andern, eure Schlichtheit und euer Mut, euer Gottvertrauen – ach, tät das gut!“

Zuletzt flatterten von der Empore Flugblätter und weiße Rosen in den Saal zur Erinnerung an die letzte große Aktion am 18. Februar 1943 in der Aula der Universität in München, als Sophie Scholl einen ganzen Stapel des letzten, von Prof. Kurt Huber formulierten Flugblattes von oben verstreute. Flugblätter und weiße Rosen auf dem Boden: Sie stehen symbolisch dafür, dass die Mitglieder der „Weißen Rose“ physisch zwar am Boden lagen, dass sie aber durch ihr Tun den Boden bereiteten für eine gefestigte Demokratie in Deutschland, für die ganz besonders der Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes gilt:

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

 

  

Projekt 2016 - Schuld & Sühne?

„Historischen Themennachmittage" im Labertal

Die intensive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist wichtig um die Gegenwart zu verstehen und der Zukunft zu vertrauen. Der AK Labertal will fundierte Geschichtsbewältigung unter sozialdemokratischen Gesichtspunkten anbieten Es gibt nichts zu glorifizieren, nichts zu beschönigen und schon gar nichts zu rechtfertigen. Wir wollen aber auch nicht anklagen und verurteilen - keiner von uns kann heute sagen, wie er sich selbst verhalten hätte, in einer anderen Zeit.

- Rückblick -
Der SPD-Arbeitskreis Labertal hat mit dem „Historischen Themennachmittag“ zur Schierlinger Muna am 24. Januar 2010 begonnen, sich mit den Ereignissen vor 65 Jahren genauer zu beschäftigen. Neben dem „Wunder von Schierling“ sollt der Blick auch auf die Todesmärsche durch das Labertal gelenkt werden.

Die Brüder Gandorfer beschäftigten den AK am historischen Datum 7. November 2010 in Pfaffenberg.

Im Spätherbst 2011 wurde mit "Die Engel von Laberweinting" erneut an das Thema "65 Jahre Kriegsende" angeknüpft. 62 tote Kinder in nur wenigen Monaten, so die Bilanz des Entbindungs- und Kinderheims für Fremdländische.

Der letzte „Historische Themennachmittag“„GELINZT - Euthanasie- Opfer aus dem Labertal“ fand am 4. März in Geiselhöring statt. Das Thema wurde mit einer Informationsfahrt am 14. April an den Gedenkort Hartheim bei Linz abgerundet.

Die Dokumentationen zu den Themennachmittagen (oder den Bonhoeffer-Wochen) sind unter www.agentur-labertal.de zu bestellen!

Projekt 2015 - Flucht, Vertreibung und Asyl

Flucht, Vertreibung und Asyl 1945 / 2015

Sonstiges

 

120 Jahre BayernSPD - Im Dienst von Freiheit und Demokratie Frauen sind in der rechtsextremen Szene keine Seltenheit mehr – sie sind die „nette“ Nachbarin oder betreiben Biolandbau und verkaufen „Deutschen Honig“ und unterwandern so die Gesellschaft mit neonazistischem Gedankengut. Die Ausstellung „Braune Schwestern“ aus Österreich war 2012 erstmals in Niederbayern zu sehen und beschäftigt sich mit der Symbolik, den Liedern und dem Gedankengut der rechtsextremen Frauenszene.