Wanderausstellung "Weiße Rose" 2018

Veröffentlicht am 10.04.2018 in Veranstaltungen

Martin Auer (re.), der zu den Ausstellungstafeln beim Stadtrundgang in Geiselhöring referierte, mit Pfarrer Ulrich Fritsch (2.v.re.) und einigen der Teilnehmer

 

„Für ihre Überzeugung mit dem Leben bezahlt!

Schaufenster-Rundgang zur Ausstellung „Weißen Rose“ – Abschlussgottesdienst

 

Seit 24 März wurden die Kunden und Spaziergänger in der Geiselhöringer Innenstadt in 24 Schaufenstern mit der Geschichte der Widerstandsgruppe Weiße Rose konfrontiert. Am vergangenen Donnerstag bot der SPD-Arbeitskreis Labertal, der die Ausstellung nicht nur in Geiselhöring sondern an weiteren 12 Standorten in der Region bis zum 15. Juli organisiert, einen geführten Stadtrundgang an. Die Ausstellung endete in Geiselhöring mit einem Abschlussgottesdienst in der Stadtpfarrkirche am Sonntag.

„Im Sommer 1942 und zu Beginn des Jahres 1943 verbreitete die studentische Widerstandsgruppe "Die Weiße Rose" erst in München, dann auch im süddeutschen Raum sowie in Linz, Salzburg und Wien Flugblätter gegen Hitler und das nationalsozialistische Regime“, so AK-Sprecher Rainer Pasta zu Beginn der Führung in der Kreuzkirche, in der die Ausstellung am 25. März auch eröffnet wurde. Pfarrer Ulrich Fritsch zeigte sich in seinem Grußwort erfreut, dass die Ausstellung in Geiselhöring gezeigt werden konnte. Bürgermeister Herbert Lichtinger sprach den Organisatoren und den teilnehmenden Geschäften seinen Dank aus. „Es freut mich sehr, dass es gelungen ist, zusammen mit den Geiselhöringer Geschäften diese Ausstellung in einer einmaligen Gemeinschaftsaktion zeigen zu können“.

Einmaligen Gemeinschaftsaktion der Geiselhöringer Geschäfte

  Zusammen mit Martin Auer aus Schierling führte Rainer Pasta die Teilnehmer, die sich trotz aufziehender Regenwolken nicht einschüchtern ließen, durch die Stadt. Beginnend in der Kreuzkirche führte der Weg über „Farben Troppmann“ zu „Sport Wild“ in der Landshuter Straße. Auf den ersten Tafeln ging es, neben einer Einführung, um die Universität und die Stadt München, die als Hauptstadt der Bewegung“ auch Ausgangspunkt der Widerstandsgruppe war, die von Hans Scholl und seinen Jugendfreunden aus der verbotenen „Bündischen Jugend“ gegründet wurde. Sophie Scholl, das in der Öffentlichkeit bekannteste Mitglied, kam erst im Laufe der Zeit zur Gruppe. Mitte der 30er- Jahre bekamen die Scholl-Kinder am eigenen Leib zu spüren, wie die Nazis mit ihnen unliebsamen Leuten umgingen. Sophies Bruder Hans wurde verhaftet und mit ihm zusammen die Geschwister Inge, Werner und Sophie. Nur Sophie kam frei, die anderen sitzen acht Tage in Haft. Der Grund: Hans hatte verbotene Lieder gesungen und aus Büchern von Stefan Zweig vorgelesen.

Im weiteren wurden in den Schaufenstern „Elektro Völkl“, „Zweirad Scherm“ „Ro-Markt“, „Pflegedienst Bachmeier“ und „Reifen Bauer“ einige beteiligten Personen vorgestellt. Hans und Sophie Scholl, Willi Graf und Professor Kurt Huber kamen zur Sprache. Gerade zu letzterem hatte Martin Auer einiges beizutragen, da sein Vater Kurt Bauer noch persönlich kannte. “Persönliche Überzeugungen und negative Erfahrungen mit dem NS-Staat ließen die Mitglieder der "Weißen Rose" schon früh zu kritischen Beobachterinnen und Beobachtern des Regimes werden. Diese Haltung verband sie miteinander, aber auch ihr Interesse an Kunst, Literatur, Musik, Philosophie und Religion. Aus individuellen Freundschaften wurde schließlich ein Bündnis im Kampf gegen die nationalsozialistische Diktatur“, so Auer.

Schaufenster erzählen Geschichte der „Weißen Rose“

Die Schaufenster „Bernlochner“,  „Eisdiele Prima-era“ und „Bäckerei Huber“ zeigten Tafeln zur Widerstandsgruppe allgemein und die Flugblätter und ihre Verteilung im Detail. „Die Flugblätter der "Weißen Rose" waren mehr als nur ein Aufstand des Gewissens“, so Martin Auer. Sie wären politisch hoch motiviert und entstanden aus der Überzeugung heraus, dass man nicht mehr schweigend zuschauen dürfe, sondern Widerstand gegen das verbrecherische System leisten müsse. Die Verbreitung der Flugblätter in Deutschland, Österreich und der Schweiz überraschte doch sehr, beschränkt sich die allgemeine Erinnerung überwiegend auf München.

Die weiteren Tafeln in den Schaufenstern „Konditorei Löw“, „Ralf-die Apotheke“ sowie in der Dingolfinger Straße bei „Frisör FIGARO“, „iltubo“ und der „St.-Leonhard-Apotheke“ beschäftigen sich mit weiteren Mitgliedern der Widerstandsgruppe wie Alexander Schmorell, Christoph Probst oder Hans Conrad Leipelt.

Weiter ging es wieder am Stadtplatz bei „Moden Schweiß“, „Bäckerei Pritscher“, „Schreibwaren Dietl“, Frisör Gaertig“, „Laberzeitung“, „Otto-Shop“ und „Kosmetikstudio Lüking“. Der Fronteinsatz der Studenten, Verbindungen zu anderen Widerstandsgruppen und die Denunziation der Gruppe wurde auf den Ausstellungstafeln thematisiert. Neben den Prozessen wurde auch die NS-Justiz im Allgemeinen angesprochen. „Letztes Jahr hatte der AK Labertal mit der Ausstellung „Schuld und Sühne“ gerade dieses Thema aufgegriffen und in Erinnerung gerufen, dass kein Richter oder Staatsanwalt des NS-Regimes wegen seiner Unrechtsurteile zur Verantwortung gezogen wurde. Ja selbst namhafte Nazis fanden unbehelligt Anstellungen in großen Industriebetrieben und selbst in verschiedenen Ministerien im Nachkriegsdeutschland“, so Rainer Pasta. Allein die Militärgerichte verhängten rund 30.000 Todesurteile, von denen rund 20.000 vollstreckt wurden. Entsprechend die hoch Zahlen des Volksgerichtshofs, der Zivilisten schon wegen Kleinigkeiten ins KZ steckte und so in den Tod schickte.

Die fünf Münchner Studierenden und ihr Professor bezahlten dagegen für ihre Überzeugung mit ihrem Leben. Sie wurden 1943 zum Tode verurteilt und hingerichtet. Auch zahlreiche Unterstützerinnen und Unterstützer der "Weißen Rose" und Mitwisserinnen und Mitwisser wurden in der Folge mit dem Tode oder mit Freiheitsentzug bestraft. Dieses Thema griffen die Tafeln in den Schaufenstern „Marienapotheke“ und „Orthopädie Thurner“ auf.

„Aufforderung an alle, sich einzumischen und für den freiheitlich-demokratische Staat und die Rechte der Menschen einzutreten“

Den Abschluss fand der Rundgang, wie die Ausstellung in der Stadtpfarrkirche. „Der mutige Widerstand der "Weißen Rose" ist trotz – oder gerade wegen – seiner schrecklichen Konsequenz eine Aufforderung an alle, sich einzumischen und etwas dagegen zu tun, wenn der freiheitlich-demokratische Staat und die Rechte der Menschen angegriffen werden“, so Pfarrer Ulrich Fritsch bei der Eröffnung. Dem schloss sich Pfarrer Josef Schmaißer beim Abschlussgottesdienst an.

Letztendlich ist die Widerstandsgruppe „Weiße Rose“, neben den Attentätern vom 20. Juli 1944, bis heute das unbestrittene Aushängeschild eines anderen Deutschlands, das sich gegen die Nazis aufgelehnt hatte. „Leider erlangten die Widerstandskämpfer im Ausland mehr Beachtung und Würdigung als im Inland, wo sie noch lange als „Vaterlandsverräter“ bezeichnet und geächtet wurden. Viele Todesurteile der NS-Justiz wurden erst 1997 bzw. 2002 durch Beschluss des Bundestages aufgehoben – einzelne Urteile zu Tatbeständen wie „Kriegsverrat“ haben bis heute pauschale Gültigkeit“, so Rainer Pasta zum Schluss des Rundgangs.

 

  

Projekt 2016 - Schuld & Sühne?

„Historischen Themennachmittage" im Labertal

Die intensive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist wichtig um die Gegenwart zu verstehen und der Zukunft zu vertrauen. Der AK Labertal will fundierte Geschichtsbewältigung unter sozialdemokratischen Gesichtspunkten anbieten Es gibt nichts zu glorifizieren, nichts zu beschönigen und schon gar nichts zu rechtfertigen. Wir wollen aber auch nicht anklagen und verurteilen - keiner von uns kann heute sagen, wie er sich selbst verhalten hätte, in einer anderen Zeit.

- Rückblick -
Der SPD-Arbeitskreis Labertal hat mit dem „Historischen Themennachmittag“ zur Schierlinger Muna am 24. Januar 2010 begonnen, sich mit den Ereignissen vor 65 Jahren genauer zu beschäftigen. Neben dem „Wunder von Schierling“ sollt der Blick auch auf die Todesmärsche durch das Labertal gelenkt werden.

Die Brüder Gandorfer beschäftigten den AK am historischen Datum 7. November 2010 in Pfaffenberg.

Im Spätherbst 2011 wurde mit "Die Engel von Laberweinting" erneut an das Thema "65 Jahre Kriegsende" angeknüpft. 62 tote Kinder in nur wenigen Monaten, so die Bilanz des Entbindungs- und Kinderheims für Fremdländische.

Der letzte „Historische Themennachmittag“„GELINZT - Euthanasie- Opfer aus dem Labertal“ fand am 4. März in Geiselhöring statt. Das Thema wurde mit einer Informationsfahrt am 14. April an den Gedenkort Hartheim bei Linz abgerundet.

Die Dokumentationen zu den Themennachmittagen (oder den Bonhoeffer-Wochen) sind unter www.agentur-labertal.de zu bestellen!

Projekt 2015 - Flucht, Vertreibung und Asyl

Flucht, Vertreibung und Asyl 1945 / 2015

Sonstiges

 

120 Jahre BayernSPD - Im Dienst von Freiheit und Demokratie Frauen sind in der rechtsextremen Szene keine Seltenheit mehr – sie sind die „nette“ Nachbarin oder betreiben Biolandbau und verkaufen „Deutschen Honig“ und unterwandern so die Gesellschaft mit neonazistischem Gedankengut. Die Ausstellung „Braune Schwestern“ aus Österreich war 2012 erstmals in Niederbayern zu sehen und beschäftigt sich mit der Symbolik, den Liedern und dem Gedankengut der rechtsextremen Frauenszene.