Abkehr von "Rente mit 67"
Der Vorschlag des SPD Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel für ein Rentenkonzept der Partei war Gegenstand einer ausführlichen Diskussion des oberpfälzer Bezirksvorstandes in Schwandorf. Insbesondere mit den Punkten Renteneintrittsalter, Rentenniveau und der Ausweitung von kapitalgedeckten Betriebsrenten ist man im Gabriel- Papier nicht zufrieden. Nach intensiver Diskussion beschloss der SPD Bezirksvorstand einstimmig einen rentenpolitischen Antrag der Jusos Oberpfalz, und fordert damit ein Rentenniveau von 51 % des durchschnittlichen Bruttoverdienstes sowie eine Rückkehr zum generellen Renteneintrittsalter von 65 und damit eine ausdrückliche Abkehr von der Rente mit 67.
Darüber hinaus wendet sich die SPD Oberpfalz gegen eine Ausweitung von kapitalgedeckten Betriebsrenten, wie von Sigmar Gabriel vorgeschlagen und setzt sich für eine Ausweitung des Versichertenkreises auch auf Selbstständige, Freiberufler und Beamte in der gesetzlichen Rentenversicherung ein.
"Es ist eine Schwäche des Gabriel- Papiers, dass es hinter dem Bundesparteitagsbeschluss aus dem Jahr 2011, der die Aussetzung der Rente mit 67 fordert, bis es mindestens 50 % sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in höheren Altersgruppen gibt, zurückbleibt.", so der SPD Bezirksvorsitzende MdL
Franz Schindler.
"Wir wollen die innerparteiliche Diskussion in den kommenden Wochen nutzen, um ein besseres Rentenkonzept der SPD zu erreichen."
Antrag an den SPD-Bezirksvorstand Oberpfalz zum Rentenkonzept des SPD-Parteivorsitzenden
Die Glaubwürdigkeit der SPD und ihre Chancen bei der nächsten Bundestagswahl hängen maßgeblich davon ab, ob sie in der Rentendebatte eine überzeugende Antwort darauf geben kann, wie die gesetzliche Rentenversicherung heute und in Zukunft Altersarmut verhindern und den im Erwerbsleben erreichten Lebensstandard im Alter erhalten kann.
Die Grundlage der Diskussion bildet ein Konzept des SPD-Parteivorsitzenden zur Fortentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung, über das auf einem Parteikonvent Ende November entschieden werden soll.
Wir begrüßen, dass mit diesem Vorschlag nach jahrelanger Vertagung der Diskussion nun endlich die Basis für eine Nachjustierung der rentenpolitischen Position der SPD geschaffen wurde. Dieser ist allerdings an zentralen Stellen unzureichend:
- Beim Festhalten an der weiteren Absenkung des Rentenniveaus auf 43 Prozent
- Beim Festhalten an der Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre
- Bei der Ausweitung des Versichertenkreises, der aber weiterhin nur auf Personen beschränkt bleiben soll, die nicht über ein anderes obligatorisches Alterssicherungssystem versichert sind.
- Beim Vorschlag der flächendeckenden Einführung von Betriebsrenten, um die Versorgungslücke durch die Absenkung des Rentenniveaus zu kompensieren
Rentenniveau, Lebensstandardsicherung und Armutsfestigkeit
Um Armutsrenten zu verhindern und den erreichten Lebensstandard durch die gesetzliche Rentenversicherung in Zukunft zu sichern, muss gewährleistet sein, dass das Rentenniveau mindestens auf dem derzeitigen Niveau von 51% verbleibt. Ansonsten wird die gesetzliche Rentenversicherung einen dramatischen Legitimitätsverlust erleiden, weil eine Vielzahl der Menschen, die jahrelang eingezahlt haben, sich im Alter mit einer Rente abfinden müssen, die nicht zum Leben reicht.
Dass ein Sicherungsniveau von 51% finanzierbar ist, zeigen die Berechnungen des DGB. Die Festschreibung des Rentenniveaus auf 51 Prozent würde demnach in der Spitze einen um 1,5 bis 2 Prozentpunkte höheren Beitragssatz der ArbeitnehmerInnen zur gesetzlichen Rentenversicherung bedeuten. Dem gegenüber steht aber, dass durch die Festschreibung des Rentenniveaus die vorgeschlagene Einführung eines obligatorischen Betriebsrentenbei-trags der ArbeitnehmerInnen von 2 Prozent (bis hin zu maximal förderfähigen 6 Prozent) obsolet würde. Die ArbeitnehmerInnen würden geringer belastet als beim Vorschlag des Parteivorsitzenden.
Wir fordern zusätzlich die
Abschaffung der Riester-Rente. Die Erfahrung zeigt, dass vor allem Geringverdiener, die zur Vorbeugung von Altersarmut auf eine private Zusatzvorsorge angewiesen wären, sich eine zusätzliche Riester-Versicherung nicht leisten können oder wollen. Die Riester-Rente hat daher ihr Ziel, die Rentenniveauabsenkung durch private Vorsorge auszugleichen, klar verfehlt. Gleichzeitig wollen wir, dass die durch die „Riestertreppe“ erzeugte Absenkung des Rentenniveaus wieder zurückgenommen wird.
Mit der Abschaffung der Riester-Rente und dem Wegfall des vierprozentigen Riester-Beitrags der ArbeitnehmerInnen böte sich ein ausreichender Spielraum für einen höheren Beitrag der gesetzlichen Rentenversicherung ohne eine zusätzliche Belastung der ArbeitnehmerInnen. Des Weiteren könnten mit dem im Bundeshaushalt eingesparten Riesterzuschuss Aufstockungen in gesetzlichen Rentenversicherung gegenfinanziert werden.
Renteneintrittsalter
Der SPD-Bundesparteitag hat im Dezember 2011 beschlossen, die Rente mit 67 aufgrund der schlechten Beschäftigungslage der rentennahen Jahrgänge auszusetzen. Dieser Beschluss war ein erster wichtiger Schritt, hinter den es kein Zurück geben darf.
Wir fordern aber darüber hinaus die Rückkehr zum Renteneintrittsalter von 65 Jahren. Eine zukunftssichere gesetzliche Rentenversicherung ist keine Frage der demographischen Entwicklung, sondern von Wirtschaftswachstum und Verteilungsgerechtigkeit. Berechnungen des DGB zeigen, dass ein Renteneintrittsalter von 65 Jahren mit einer vertretbaren Beitragserhöhung gegenfinanziert werden kann.
Versichertenkreis
Wir halten an der Forderung fest, die gesetzliche Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung auszubauen. In dieser sollen auch Selbstständige, FreiberuflerInnen und BeamtInnen verpflichtet versichert sein. Die bestehenden Altersvorsorgesysteme dieser Personengruppen sollen durch die gesetzliche Rentenversicherung abgelöst werden.
Betriebsrenten
Gegen eine kapitalgedeckte Betriebsrente, die die entstehende Lücke beim Rentenniveau schließen soll, gibt es mehrere Gegenargumente.
Die Finanzmarktkrise hat gezeigt, dass kapitalgedeckte Systeme im Gegensatz zur umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung nicht krisensicher sind.
Es ist nicht erklärbar, warum ArbeitnehmerInnen 2% ihres Bruttolohns für die Betriebsrente aufbringen sollen, eine Erhöhung der Beiträge von 1,5% zum Erhalt des derzeitigen Rentenniveaus aber angeblich unzumutbar ist. Der Vorschlag, eine flächendeckende Beteiligung aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch tarifliche Regelungen zu erreichen birgt außerdem die Gefahr, dass die ArbeitnehmerInnen in Tarifverhandlungen genötigt sind, im Gegenzug für ihre Betriebsrente auf Lohnerhöhungen zu verzichten.
Darüber hinaus ist fraglich, wie die flächendeckende Einführung von Betriebsrenten – insbesondere in kleinen Betrieben – überhaupt gewährleistet werden sollte. Hier fehlen bisher die institutionellen Voraussetzungen. Vor dem Hintergrund des Vorschlags, dass kleine Betriebe die betriebliche Altersvorsorge über Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung abdecken können, stellt sich die Frage, warum nicht unmittelbar ein höherer Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung angestrebt wird.
Die OberpfalzSPD fordert den Bundesvorstand und den Parteikonvent der SPD auf, sich für die angesprochenen Änderungen des Rentenkonzepts einzusetzen.
Tobias Afsali
Dominik Brütting
Matthias Jobst
Sebastian Roloff