Terminankündigung: 70 Jahre Wiedergründung der SPD im Altlandkreis Mallersdorf

Veröffentlicht am 30.10.2015 in Veranstaltungen

 

„SPD brauchte weder ihren Namen noch ihr Programm zu ändern“

Sozialdemokraten feiert 70 Jahre Wiedergründung und politischen Neuanfang im Altlandkreis Mallersdorf

Am 26. November feiert die SPD im Labertal die Wiedergründung der Partei nach dem 2. Weltkrieg und den politischen Neuanfang im Haus der Generationen in Mallersdorf-Pfaffenberg. Mitte November 1945 beantragte die SPD im Landkreis Mallersdorf die Wiedergründung. In der Weihnachtswoche 1945 wurde diesem Antrag stattgegeben.

Das "3. Reich" war Ende April 1945 am Ende. Es endete im Chaos, in Not und Verzweiflung. Die Städte waren mehr oder weniger zerstört; Straßen, Brücken und Eisenbahnen waren gesprengt und unbenutzbar. Aufgelöste Truppenteile und Hunderttausende von einzelnen Soldaten strebten der Heimat zu. Millionen von Flüchtlingen waren über das Gebiet verteilt. Es gab Hunger, Kälte und Wohnungsnot.

Nach der erfolgreichen Besetzung des Landkreises Mallersdorf am 28. April durch amerikanischen Truppen kamen am 30. April die Mitglieder der zukünftigen Militärregierung ins Land. Die Amerikaner verboten nach Kriegsende sämtliche politischen Parteien und Organisationen. Parteien sollten von unten wieder aufgebaut werden und durften nur mit Genehmigung der Besatzungsmacht gegründet werden. Für viele war der politische Neuaufbau und die Einführung der Demokratie ein schmerzhafter Prozess – aber nicht für alle, die SPD in Bayern zählte vor 1933 70 000 Mitglieder

„Die Sozialdemokratische Partei brauchte weder ihren Namen noch ihr Programm zu ändern. Sie bekannte sich von jeher zur demokratischen Staatsauffassung, zur Völkerverständigung und zur internationalen Zusammenarbeit", zitiert Rainer Pasta, Sprecher des SPD-Arbeitskreises Labertal, aus einer Proklamation vom Sommer 1945 Vor allem die Sozialdemokraten reaktivierten schnell ihre Strukturen und arbeiteten an der Wiedergründung, beginnend bei den Ortsvereinen bis hin zu den Bezirks- und Landesgremien.

Einheiten der Militärregierung besetzten in diesen ersten Wochen nach Kriegsende zunächst die bayerischen Städte und Gemeinden und bemühten sich, so schnell wie möglich Ersatz für die zusammengebrochenen lokalen Strukturen zu schaffen. Viele Sozialdemokraten leiteten an der Spitze der Kommunen den Neuaufbau. So etwa wurde Albert Jungbauer (SPD) als Bürgermeister in Geiselhöring eingesetzt. In Pfaffenberg war es der Spenglermeister Josef Kreitmeier und in Mallersdorf der Landwirt Josef Kolbeck.

Die SPD in der Region strukturiert sich und stärkt den demokratischen Neuanfang

Am 15.9.45 stellte die Straubinger SPD den Antrag auf Wiederzulassung, für den 16.10.45 ist die erste Mitgliederversammlung der SPD Straubing belegt, den Vorsitz hatte Josef Laumer. Am 23.10.45 kam es zur ersten öffentlichen politischen Kundgebung einer anderen als der nationalsozialistischen Partei seit 1933. Die SPD Regensburg unter dem Vorsitzende von Stadtrat Karl Esser, Herausgeber der Mittelbayerischen Zeitung, organisierte diese Veranstaltung. Am 15. November 1945 folgte die erste Großkundgebung der SPD in Straubing. Die Gründungsversammlung der SPD für den Stadt- und Landkreis Kelheim fand ebenfalls am 15. Dezember 1945, um 15 Uhr im Gemeinschaftssaal der Zellstoffwerke Kelheim statt.

Die SPD in Bayern wurde am 8. Januar 1946 wieder zugelassen – ebenso wie die neu gegründete CSU. Den Antrag auf Zulassung der SPD hatte der bayerische Ministerpräsident Dr. Wilhelm Högner gestellt, er war von 125 Parteimitgliedern, 25 aus jedem Regierungsbezirk, unterschrieben. Am 22.1.46 ist die SPD für das Kreisgebiet in Bogen genehmigt worden

Wiedergründung der SPD im Altlandkreis Mallersdorf

Im Bericht der amerikanischen Militärregierung für die Woche 16.-23. November 1945 wird berichtet: „Ein Antrag der Sozialdemokratischen Partei zur Wiedergründung wurde gestellt. Es ist interessant, dass alle 25 Unterzeichner in einer Gemeinde, Geiselhöring, wohnen. Auf Nachfrage war zu erfahren, dass Geiselhöring schon immer ein Zentrum der Sozialdemokratie gewesen ist“. Im Wochenbericht für den 22.-29. Dezember 1945 wird festgehalten, dass der SPD die Erlaubnis zur Gründung geben werden konnte.

Der erste Kreisvorsitzende der SPD war, Albert Jungbauer aus Geiselhöring. Geboren am 20.10.1888 zu Straubing, war ehemaliger Hauptlehrer in Puchhausen, dann in Geiselhöring tätig. Jungbauer wurde 1936 kraft Disziplinarurteils aus dem öffentlichen Volksschuldienst wegen Gegnerschaft zum NS-Staat entlassen. Jungbauer gehörte nach der Novemberrevolte 1918 kurze Zeit der SPD an, wurde dann Mitglied des Bayerischen Bauernbundes und war Parteisekretär des Bauernbundes vom 16.9.1919 bis 1.9.1920. Anfang 1935 ließen Äußerungen Jungbauers erkennen, dass er gegenüber dem nationalsozialistischen Staat gegensätzlich eingestellt ist. „In gehässiger Form hat er diese Ablehnung in der Öffentlichkeit kundgetan.  Er machte den deutschen Gruß verächtlich und lächerlich, bezeichnete die SA als ‚Maschkerer’, die heutigen Politiker als ‚große Maulaufreißer’, den Staatsjugendtag als ‚Krampf, Kasperlgeschichte und Gaudi’“, ist in seinen Disziplinarakten niedergeschrieben . Jungbauer wurde mit Urteil der Disziplinarkammer München für nichtrichterliche Beamte vom 18.9.36 mit Dienstentlassung bestraft. Seinem Stellvertreter, Hans Sterr, stammte aus Blossersberg/ Niederbayern und war vorher niemals politisch aktiv. „Er gehörte der „verlorenen Generation“ an, er war bis 1939 arbeitslos und wurde dann Helfer eines Schneiders und fertigte Uniformen für die Wehrmacht. Schließlich eröffnete er seine eigene Schneiderei in Geiselhöring und sein monatliches Einkommen beläuft sich auf RM 50“, schrieben die Amerikaner nieder.

Im folgte Rupert Faltermeier als Kreisvorsitzender der SPD. Die Daten zu Rupert Faltermeier konnten durch seine Spruchkammerakte ergänzt werden: „Rupert Faltermeier wurde am 27.11.87 in Haindling geboren, er arbeitete als gelernter Schachtmeister und Zimmererpolier bei der Baufirma Dendl in Straubing, war wohnhaft in Geiselhöring und verwitwet. Faltermeier war von 1919-1933 SPD-Mitglied, gründete die SPD in Geiselhöring nach Einmarsch der Amerikaner neu und wurde trotz der DAF-Mitgliedschaft einstimmig zum Vorstand gewählt. Am 29. Mai 1946 zeigte die SPD der Militärregierung an, dass Ruppert Faltermeier zum Ortsvorsitzenden der Geiselhöringer SPD gewählt wurde.

Im Sommer 1946 wurde Anton Schienharl aus Mallersdorf zum Kreisvorsitzenden gewählt, Albert Jungbauer aus Geiselhöring wurde sein Stellvertreter. Am 24. Juni 1947 wird erstmals Wilhelm Schaak aus Geiselhöring zum SPD-Kreisvorsitzenden gewählt.

Wahlen 1946-47 – Gründung der Jusos

Im Vorfeld der Gemeinderatswahlen am 27. Januar 1946 sind öffentliche Versammlungen der SPD für den 19. Januar in Sünching, den 24. Januar in Langquaid, den 26. Januar 1946 in Schierling und den 25. Januar in Neufahrn/Ndb. Und in Ergoldsbach belegt. Am 14. April 46 wurde der am 24.3.13 geborene Bauunternehmer Rupert Babel zum Bürgermeister von Pfaffenberg gewählt. Die SPD bewarb ihren Kandidaten mit 30 Wahlplakaten (43x61cm) und 300 Handzettel (15x20cm) hielten die Amerikaner fest. Albert Jungbauer von der SPD blieb Bürgermeister in Geiselhöring.

Es folgte die Landrats- u. Kreistagswahl am 28.4.46. Für die SPD wurden 280 Handzettel, gedruckt von „Helmuth, Geiselhöring“, aufgeführt. Weiterhin wurden 45 Plakate und 600 Schriften verteilt. Zum Vergleich: Die CSU setzte für die Kreistagswahl 300 Plakate und 1000 Handzettel ein. Aus dem amerikanischen Bericht zur Kreistagswahl vom 28. April 46: In Ergoldsbach, der südlichsten und größten Gemeinde im Kreis, gingen 43,8% der Stimmen an die Linken, während in Geiselhöring, der nördlichsten und zweitgrößten Gemeinde im Kreis 56,5% der Stimmen auf die linken Parteien entfielen. Das läst darauf schließen, das in den ländlichen Gebieten, wie überall in der Welt, die Konservativen zählen und dass, je größer die Gemeinde je eher der Liberalismus sich durchsetzt. In anbetracht der Tatsache, dass die beide großen Gemeinden links wählten und jeweils ungefähr 3000 Einwohner aufweisen, ist zweifelsfrei anzunehmen, dass die Mehrheit der Menschen im Landkreis eine linke politische Gesinnung zeigen“.

Für den November 1946 werden der Kreis-SPD sechs Versammlungen genehmigt. Der Mitgliederstand steigt um 13 auf nun 158. Die Militärregierung: „Die SPD gewinnt langsam an Boden“.

Am 1. Dezember wird die Bayerische Verfassung in einem Volksentscheid angenommen. Gleichzeitig finden erstmals seit 1932 wieder Wahlen zum ersten Bayerischen Landtag nach dem Zweiten Weltkrieg statt. Stärkste Partei wird mit 52,3 Prozent die CSU, gefolgt von der SPD mit 28,6 Prozent. Für die SPD in der Region zieht Simon Vogl aus Greißing in den Landtag ein.

Im Sommer 1947 berichten die Amerikaner über die politischen Verhältnisse im Labertal: „Die beherrschende Partei ist die CSU. Die SPD steht an 2. Stelle, sie ist eine gute Oppositionspartei. Gut geführt, sehr aktiv und an Mitgliedern wachsend. Beide, CSU und SPD diskutieren die nationale und internationale Politik, wie auch immer, es interessiert wenige. Es leben 36.000 Menschen im Landkreis und nur 504 sind Mitglieder einer politischen Partei“.

Am 9. Dezember 1947 gründet sich in Geiselhöring eine Jungsozialistengruppe. Erster Vorsitzender wurde Heinz Sonka aus Sallach, 2. Vorstand Zeilner aus Geiselhöring, Schriftführerin Johanna Gärtner aus Geiselhöring und Beisitzer Dropsch, Teschner und Rekam von Geiselhöring.

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Es folgt ein zweiter Teil in den nächsten Tagen: Die Jahre 1948-1950

 

  

Projekt 2016 - Schuld & Sühne?

„Historischen Themennachmittage" im Labertal

Die intensive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist wichtig um die Gegenwart zu verstehen und der Zukunft zu vertrauen. Der AK Labertal will fundierte Geschichtsbewältigung unter sozialdemokratischen Gesichtspunkten anbieten Es gibt nichts zu glorifizieren, nichts zu beschönigen und schon gar nichts zu rechtfertigen. Wir wollen aber auch nicht anklagen und verurteilen - keiner von uns kann heute sagen, wie er sich selbst verhalten hätte, in einer anderen Zeit.

- Rückblick -
Der SPD-Arbeitskreis Labertal hat mit dem „Historischen Themennachmittag“ zur Schierlinger Muna am 24. Januar 2010 begonnen, sich mit den Ereignissen vor 65 Jahren genauer zu beschäftigen. Neben dem „Wunder von Schierling“ sollt der Blick auch auf die Todesmärsche durch das Labertal gelenkt werden.

Die Brüder Gandorfer beschäftigten den AK am historischen Datum 7. November 2010 in Pfaffenberg.

Im Spätherbst 2011 wurde mit "Die Engel von Laberweinting" erneut an das Thema "65 Jahre Kriegsende" angeknüpft. 62 tote Kinder in nur wenigen Monaten, so die Bilanz des Entbindungs- und Kinderheims für Fremdländische.

Der letzte „Historische Themennachmittag“„GELINZT - Euthanasie- Opfer aus dem Labertal“ fand am 4. März in Geiselhöring statt. Das Thema wurde mit einer Informationsfahrt am 14. April an den Gedenkort Hartheim bei Linz abgerundet.

Die Dokumentationen zu den Themennachmittagen (oder den Bonhoeffer-Wochen) sind unter www.agentur-labertal.de zu bestellen!

Projekt 2015 - Flucht, Vertreibung und Asyl

Flucht, Vertreibung und Asyl 1945 / 2015

Sonstiges

 

120 Jahre BayernSPD - Im Dienst von Freiheit und Demokratie Frauen sind in der rechtsextremen Szene keine Seltenheit mehr – sie sind die „nette“ Nachbarin oder betreiben Biolandbau und verkaufen „Deutschen Honig“ und unterwandern so die Gesellschaft mit neonazistischem Gedankengut. Die Ausstellung „Braune Schwestern“ aus Österreich war 2012 erstmals in Niederbayern zu sehen und beschäftigt sich mit der Symbolik, den Liedern und dem Gedankengut der rechtsextremen Frauenszene.