Buchvorstellung mit Franz Maget im Kloster Rohr

Veröffentlicht am 20.08.2014 in Veranstaltungen

Genossen die Führung durch die Rohrer Klosterkirche vor dem offiziellen Termin durch Frater Franz (3.v.li): Die Landtagsabgeordneten Johanna Werner-Muggendorfer und Franz Maget (Mitte), Ingrid Roithmeier (2.v.re), Martin Auer, (re) und Karl Garscha (li)

 

Kirche und SPD - mehr Gemeinsamkeiten als man denkt

Franz Maget stellt Schriftensammlung im Kloster Rohr vor – Christen besonders herzlich willkommen

 

Im Rahmen der Ausstellung der Seliger-Gemeinde zur Geschichte der Sozialdemokratie im Sudetenland luden der SPD-Ortsverein Rohr und der Arbeitskreis Labertal zu einer Buchvorstellung in die Aula des Klosters ein. Der ehemalige Vizepräsident des Bayerischen Landtages und Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion,  Franz Maget, stellte sein zum Katholikentag in Regensburg erschienenes Buch „Kirche und SPD. Von Gegnerschaft zu Gemeinsamkeiten.“ vor und signiert im Anschluss die Bücher.

Die Mitglieder des Ortsvereins mussten noch Stühle in die Aula bringen, um der große Schar an Besuchern einen Sitzplatz bieten zu können. Umso mehr freute es Vorsitzenden Georg Riedl Johanna Werner-Muggendorfer, MdL, und die beiden Vertreter der Seliger Gemeinde, Karl Garscha und Gustl Roth-Sippl, die extra aus Rosenheim angereist waren, begrüßen zu können. Auch Prior Frater Franz Neuhausen freute sich über den regen Besuch und überreichte Franz Maget ein Buch zur Geschichte der Benediktiner in Rohr.

„Der pensionierte Politiker“ Franz Maget, ehemals Vizepräsident des Bayerischen Landtages und Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion, genießt, nach eigenen Worten, „nur noch das zu tun, was man gerne macht!“ So beschäftigt er sich nun auch mit Projekten, die er schon lange angehen wollte, dazu aber nie die Zeit hatte. So habe er schon lange über „SPD und Kirche“ nachgedacht und nun endlich seine Erkenntnisse zusammengefasst. „Mitgewirkt haben an diesem Sammelband eine Vielzahl herausragender Repräsentanten von Kirchen und Sozialdemokratie. Zu den Autoren gehören unter anderen Reinhard Kardinal Marx, Erzbischof Ludwig Schick, der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, die ehemalige Bischöfin Margot Käßmann, Andrea Nahles, Hans-Jochen Vogel, Wolfgang Thierse und Dr. Albert Schmid, der Vorsitzende des Landeskomitees der Deutschen Katholiken in Bayern“, so Maget. In ihren Beiträgen befassten sich die Autoren aus SPD und Kirche mit wichtigen Fragen der Zeit, unter ihnen der Kampf gegen Armut und Ausgrenzung, um Frieden, Umwelt, internationale Solidarität und soziale Gerechtigkeit - behandeln aber auch aktuell brisante Themen. Geld und Macht der Kirchen stehen ebenso im Fokus wie das kirchliche Arbeitsrecht. Dazu habe er persönlich ein Vorwort geschrieben“, stellte Maget den Inhalt des Buches vor.

Dieses, ebenso wie Magets Ausführungen an diesem Abend befassen sich mit den gegenseitigen Beziehungen der Kirchen und der SPD. Auch nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Politikgeschäft bekleidet der „Unruheständler“ zahlreiche Ehrenämter im sozialen, sportlichen und wissenschaftlichen Bereich, so als Mitglied im Allgemeinen Rat der Katholischen Akademie Bayern, als Lehrbeauftragter der Katholischen Stiftungsfachhochschule München und als Vorsitzender des Forums Kirche und SPD – er weiß also worüber er redet. „Noch bis weit ins 20. Jahrhundert waren die Beziehungen zwischen Kirchen und Sozialdemokratie von scharfer Gegnerschaft geprägt“,  so Maget, der anschließend  eindrucksvoll diesen Wandel schilderte.

Maget erinnerte daran, dass schon immer Sozialdemokraten auch bekennende Christen waren, was sich ja nicht ausschließe. So nannte er den Gründer der Bayerischen SPD, Georg von Vollmer, der 1890 die SPD nach der Aufhebung der Sozialistengesetze – die u.a. 12 Jahre lang das Verbot der Sozialdemokratie beinhalteten – in Bayern gründete. „Vollmer war in seiner Jugend ein leidenschaftlicher Anhänger des Papsttums“, so Maget. Das ging so weit, dass er in den 1860ern der päpstlichen Garde beitrat um den Vatikanstaat zu verteidigen, der bei der Gründung Italiens stark in Bedrängnis geriet. „Doch nach 2 Jahren war die Begeisterung vorbei“, schloss Maget diesen Exkurs in die Geschichte. „Ich habe Rom gesehen und den Glauben verloren“, soll Vollmer gesagt haben als er nach Bayern zurückkehrte und dann die SPD gründete, berichtete Franz Maget.

Auch heute seien viele bekennende Christen Mitglieder der Sozialdemokratie, so auch der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm  (seine Mitgliedschaft ruht seines Amtes wegen) oder  wie auch Dr. Albert Schmid, der Vorsitzende des Landeskomitees der Deutschen Katholiken in Bayern, sowie wie Hans-Jochen Vogel oder Wolfgang Thierse. Selbst eine Reihe sozialdemokratischer Minister der aktuellen Bundesregierung seien bekennende Christen: Frank- Walter Steinmeier (Außenminister), Heiko Maas (Justizminister), Andrea Nahles (Arbeitsministerin) oder Barbara Hendricks (Umweltministerin).

Franz Maget reduziert dabei die Gemeinsamkeiten zwischen den Kirchen und der SPD nicht nur auf die Katholische Soziallehre und die Christliche Sozialethik, die nicht zuletzt von den Päpsten Benedikt und Franziskus eingefordert wurde. Dort werde eine glasklare Kritik am Finanzkapitalismus und an der Gier geübt, sagte Maget. Viel eindeutiger als in der offiziellen SPD-Rhetorik und eher vom linken Flügel der Partei gefordert. Der biblische Auftrag „Ein jeder trage des anderen Last“, könnte, so Franz Maget genauso im Parteiprogramm der SPD stehen. „Heute findet Kooperation in allen wichtigen gesellschaftlichen Fragen statt“, so Franz Maget weiter.

Doch bis Sozialdemokratie und Kirchen zueinander fanden, war ein langer Weg zu gehen.

“Früher verlief die Geschichte der Sozialdemokratie fast durchgängig in Gegnerschaft, ja sogar Feindschaft zu den Kirchen noch bis weit ins 20. Jahrhundert. Das ist leicht zu erklären: Die Kirche war damals eng verbunden mit der Obrigkeit, es gab die Einheit von Thron und Altar. Der SPD-Vorsitzende August Bebel proklamierte einst: „Christentum und Sozialismus stehen sich gegenüber wie Feuer und Wasser.“ Gemeint war der Kampf der Demokraten gegen  die Unterdrücker, die als „Herrscher von Gottes Gnaden“ bis 1918 die Geschicke der Menschen bestimmten. Doch auch das Versprechen der Sozialisten, das „Paradies auf Erden“, also Soziale Gerechtigkeit hier und jetzt und nicht erst im Jenseits zu erschaffen, verbesserte die Beziehungen nicht. Die Sozialdemokraten wurden als „gottlose Gesellen“ verschrieen, musste Maget augenzwinkernd zugeben.

Das ambivalente Verhältnis der Kirchen zur NS-Diktatur brachte SPD und Kirchen nicht näher. Erst das Godesberger Programm (1959), dass die SPD von der klassischen Arbeiterpartei zur Volkspartei machte und die Beschlüsse des 2. Vatikanischen Konzils Anfang der 1960er öffneten die Tür und bauten Brücken auf beiden Seiten um aufeinander zuzugehen – doch es dauerte noch einige zeit, bis SPD und Kirchen sich den Herausforderungen der Zeit stellten. Vor allem für viele Gläubige war es von der Ablehnung der Demokratie bis zum „Einmischen und Mitmachen“ ein weiter Schritt. Allein die Diskussionen um den §218 (Abtreibung) verhinderten lange eine Zusammenarbeit. Maget erinnerte an von der Kanzel herab verlesene Hirtenbriefe, die am Wahlsonntag bis 1980 dazu aufriefen „christlich“ zu wählen. Dabei werde man Christ ja nur durch die Taufe, und Christen gebe es in vielen Parteien. Das habe so gar nichts mit der CSU zu tun, denn „die wurde niemals getauft!“

Die Differenzen in der Sache seien bei der Abtreibung immer noch da, so Maget. Aber es herrsche Rechtsfrieden und die Kirchen hätten die gesetzlichen Regelungen, die von der Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen werden, akzeptiert. Aktuelle Themen wie die Sterbehilfe könnten heute offen diskutiert werden. Beim Mindestlohn oder bei der Sonntagsarbeit würden Kirche und SPD heute an einem Strang ziehen, erklärte Franz Maget.

Magets „große Hoffnung“ ist es, dass das Buch zu einer weiteren Vertiefung der Beziehungen zwischen Kirche und Sozialdemokratie beiträgt. Ein Thema, bei dem die Zusammenarbeit von SPD und Kirchen stark gefordert ist, fiel Maget sofort ein: die Flüchtlingspolitik. „Solidarität und Nächstenliebe sind im Grunde der gleiche gesellschaftliche Weg“, ist Maget überzeugt. „Unsere Gesellschaft fußt auf Überzeugungen ihrer Bürger, die ganz wesentlich aus dem christlichen Glauben hergeleitet sind“, fasste Maget die Intension seines Buches zusammen.

In der anschließenden Diskussion ging es u.a. auch um die Rolle des Islam und die Ängste der Menschen vor den radikalen Islamisten. Beidem konnte Franz Maget in seiner ruhigen und besonnenen Art und mit einer eindringlichen Aufforderung für mehr Toleranz und gegenseitigem Kennenlernen entgegnen – ein Auftrag dem die SPD im Labertal sicherlich nachkommen wird.

Franz Maget signierte im Anschluss seine mitgebrachten Bücher, die bei Weitem nicht für alle Interessierten reichten.

Buchtitel für Interessierte: Franz Maget (Hrsg.): Kirche und SPD – Von Gegnerschaft zu Gemeinsamkeiten, München, Volk Verlag, 14,90 Euro.

 

 

  

Projekt 2016 - Schuld & Sühne?

„Historischen Themennachmittage" im Labertal

Die intensive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist wichtig um die Gegenwart zu verstehen und der Zukunft zu vertrauen. Der AK Labertal will fundierte Geschichtsbewältigung unter sozialdemokratischen Gesichtspunkten anbieten Es gibt nichts zu glorifizieren, nichts zu beschönigen und schon gar nichts zu rechtfertigen. Wir wollen aber auch nicht anklagen und verurteilen - keiner von uns kann heute sagen, wie er sich selbst verhalten hätte, in einer anderen Zeit.

- Rückblick -
Der SPD-Arbeitskreis Labertal hat mit dem „Historischen Themennachmittag“ zur Schierlinger Muna am 24. Januar 2010 begonnen, sich mit den Ereignissen vor 65 Jahren genauer zu beschäftigen. Neben dem „Wunder von Schierling“ sollt der Blick auch auf die Todesmärsche durch das Labertal gelenkt werden.

Die Brüder Gandorfer beschäftigten den AK am historischen Datum 7. November 2010 in Pfaffenberg.

Im Spätherbst 2011 wurde mit "Die Engel von Laberweinting" erneut an das Thema "65 Jahre Kriegsende" angeknüpft. 62 tote Kinder in nur wenigen Monaten, so die Bilanz des Entbindungs- und Kinderheims für Fremdländische.

Der letzte „Historische Themennachmittag“„GELINZT - Euthanasie- Opfer aus dem Labertal“ fand am 4. März in Geiselhöring statt. Das Thema wurde mit einer Informationsfahrt am 14. April an den Gedenkort Hartheim bei Linz abgerundet.

Die Dokumentationen zu den Themennachmittagen (oder den Bonhoeffer-Wochen) sind unter www.agentur-labertal.de zu bestellen!

Projekt 2015 - Flucht, Vertreibung und Asyl

Flucht, Vertreibung und Asyl 1945 / 2015

Sonstiges

 

120 Jahre BayernSPD - Im Dienst von Freiheit und Demokratie Frauen sind in der rechtsextremen Szene keine Seltenheit mehr – sie sind die „nette“ Nachbarin oder betreiben Biolandbau und verkaufen „Deutschen Honig“ und unterwandern so die Gesellschaft mit neonazistischem Gedankengut. Die Ausstellung „Braune Schwestern“ aus Österreich war 2012 erstmals in Niederbayern zu sehen und beschäftigt sich mit der Symbolik, den Liedern und dem Gedankengut der rechtsextremen Frauenszene.