Wanderausstellung "Flucht, Vertreibung und Asyl 1945 - 2015"

Veröffentlicht am 22.09.2015 in Veranstaltungen

Die Bilder gleichen sich: links 1945 - rechts 2015

Wanderausstellung macht in Geiselhöring Station

Am kommenden Montag, den 28. September 2015 eröffnen die evangelische Kirchengemeinde und der SPD-Arbeitskreis Labertal in der Kreuzkirche in Geiselhöing um 18.30 Uhr die Wanderausstellung „Flucht, Vertreibung und Asyl 1945 - 2015“. Eine Vernissage mit anschließendem Erzählcafé soll den in Geiselhöring und Umgebung lebenden Zeitzeugen die Möglichkeit bieten, ihre persönliche Flucht-Geschichte zu erzählen und für die nachgeborenen Generationen erlebbar zu machen. Inhalt der Ausstellung ist die Ankunft evangelischer Christen in der Region Labertal 1945/46. Dabei wird unter dem Motto „Irgendwo auf der Welt …“, angelehnt an den bekannten Titel der Comedian Harmonists, die Brücke zur aktuellen Asylproblematik geschlagen. „Dass wir mit der Ausstellung, die wir bereits im Herbst 2014 planten, ein so aktuelles und hochpolitisches Thema aufgreifen würden, hatte niemand gedacht und erwartet“, so die Landshuter Landtagabgeordnete Ruth Müller, die als Schirmherrin die Ausstellung begleitet. Die Ausstellung ist vom 27. September bis zum 4. Oktober jeweils von 8 bis 20 Uhr geöffnet. Nach dem Start der Ausstellung in Aufhausen, sind weitere Stationen Landau a.d.I., Schierling, Langquaid, Landshut, Rottenburg a.d.L. und Altdorf.

 

„Die Geschichte der evangelischen Christen in unserer Region ist in ganz besonderer Weise auch mit dem Schicksal vieler Heimatvertriebenen verbunden, die nach Kriegsende bei uns eine neue Heimat gefunden haben“, so Pfarrer Ulrich Fritsch, der mit seiner Kirchengemeinde die Ausstellung zeigt. Ein lebensgefährlicher wochenlanger Fußmarsch mitten im kalten Winter lag hinter ihnen, als die von Haus und Hof Vertriebenen aus Schlesien, Schlottau, Martinwaldau, Bunzlau, aus Ostpreußen und dem Sudetenland im Labertal landeten. Sie waren von den Strapazen gezeichnet, als sie mit ein paar Habseligkeiten wie Bettler vor den Häusern wohlhabender Bauern, von örtlichen Behörden eingewiesen und nicht gerade begeistert aufgenommen wurden. Meist wurde ihnen nur ein Zimmer pro Familie mit mangelhafter Waschgelegenheit und Küchenbenützung zugeteilt. Körperlich erschöpft, teilweise krank waren es besonders für die Alten und Kinder unvorstellbare Strapazen und auch seelisch fehlten ihnen die Kräfte. So nach und nach wurde ihnen bewusst: Wir kommen nicht mehr heim, wir werden unser Dorf, unser Haus und unsere Heimat nie mehr sehen. Verzweifelt, entwurzelt konnten sie noch gar nicht fassen, was ihnen da widerfahren war. Auch psychisch waren sie ohne Trost und Orientierung: kein Gottesdienst, keine Kirche, keine Gemeinschaft und kein Pfarrer.

Nach und nach lernte man sich kennen.

Die Zahl der Evangelischen in Niederbayern verachtfachte sich durch ihren Zuzug. Vieles war den Menschen, die ihre Heimat verloren hatten, fremd in dieser noch völlig anderen, katholisch geprägten Welt. Aber auch die Katholiken mussten sich erst an die Evangelischen gewöhnen. Man begegnete ihnen manchmal mit Ablehnung und Misstrauen – und nahm sie dann doch freundlich auf. Nach und nach lernte man sich kennen.

Damit begann die Geschichte vieler unserer evangelischen Kirchengemeinden, die vorher nur aus einer Hand voll Evangelischen bestand: Ärzte, Mitarbeiter der Bahn und einige wenige andere. Aber mit dem Treck kamen auch einige Pfarrer, die hier einen Teil ihrer Gemeinde wiederfanden. In der evangelischen Diasporagemeinde Geiselhöring mit 6 Prozent Evangelischen war das Gemeindeleben und die Seelsorge ohne Ökumene gar nicht möglich. Von Anfang an war die katholische Gemeinde Stärke, Stütze und ein Verlässlicher Partner. Die katholischen Pfarrer erlaubten den Flüchtlingen meist in ihren Kirchen Gottesdienste abzuhalten.

Die Gemeinde war riesengroß und weit verstreut

1946 gab es die erste Konfirmation und der Kirchenchor gründete sich. Er sang zu allen Kirchenfesten, aber auch bei Trauungen und Beerdigungen Viel zum raschen Eingewöhnen halfen die von zu Hause schon bekannten Lieder und Teile der Schlesischen Liturgie“. Aber es gab noch kein Pfarramt und noch keine eigene Kirche für die rund 2000 Gemeindemitglieder. Doch den Kirchenbau plante man schon bald, denn der provisorische Gemeindesaal reichte zwar für Gemeindeveranstaltungen, Vorträge, Jugendgruppen und Konfirmanden, war aber zu klein für den Gottesdienst. Der Wunsch der Gemeinde nach einem eigenen Gotteshaus wurde immer stärker. Um 1958 ging es dann an den Bau der neuen Kirche in Geiselhöring, die am 11. Oktober 1959 eingeweiht werden konnte.

Die zweite und dritte Generation der Flüchtlinge ist längst heimisch geworden. Aber sie sind offen geblieben für Neues und Neue. Als sich der Eiserne Vorhang öffnete, folgte eine Zuzugswelle aus der DDR, Siebenbürgen und Russland. Und wieder suchten Menschen Heimat und Anschluss an unsere Gemeinden! Sie wurden gerne aufgenommen.

„Aus Erinnerung erwächst Verantwortung“

„Auch heute suchen wieder Flüchtlinge und Vertriebene Schutz und Hilfe bei uns. Sie kommen aus weitentfernten Ländern, mit fremden Sitten und Gebräuchen. Aber es sind Menschen - und wir bieten ihnen Hilfe und Respekt. Vielleicht finden einige den Weg in unsere Gemeinden und hier eine neue Heimat. Wir freuen uns auf sie“, so Pfarrer Ulrich Fritsch.

„Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) blickt 2017 auf 500 Jahre Reformation. Im Evangelischen Kirchenkreis Steinfurt-Coesfeld-Borken griffen Haupt- und Ehrenamtliche das Thema „Reformation und Toleranz“ mit einer Wanderausstellung auf, die wir gerne als Anlass zur Erinnerung und Diskussion übernommen haben“, so Arbeitskreis Sprecher Rainer Pasta.

Unter der Überschrift „Aus Erinnerung erwächst Verantwortung“ thematisiert die Schau auf zwölf Tafeln das Ankommen evangelischer Christen im Westmünsterland. Die Retrospektive widmet sich dabei insbesondere der Flüchtlings- und Vertreibungsgeschichte zahlreicher evangelischer Christen in ihrer neuen Heimat.

Auf zwei zusätzlichen Tafeln wird dazu die Geschichte der Evangelischen Christen in Niederbayern und der Oberpfalz, insbesondere in der Region Labertal thematisiert.

Irgendwo auf der Welt …

Das Fotoprojekt „Irgendwo auf der Welt … - Asylbewerber im Labertal 2015“ spannt den Bogen von der Ausstellung „Flucht und Vertreibung“, die sich mit der Ankunft der evangelischen Christen aus Schlesien 1945/46 beschäftigt, zur Asylpolitik von heute. „Eine Gruppe Asylbewerber aus Eritrea stellen sich und ihre Fluchtgeschichte vor“, so Rainer Pasta, der zusammen mit Raphaela Rinza die Idee zu diesem Fotoprojekt umsetzte.

Am kommenden Donnerstag, den 1. Oktoberber treffen sich der Aslybewerberhelferkreis und die Asylbewerber um 19.30 Uhr zum monatlichen Begegnungsabend. Am 2. Oktober zeigt die evangelische Kirchengemeinde den Kinofilm „Comedian Harmonists – Die gesamte Bevölkerung ist zu beiden Terminen eingeladen.

 

  

Projekt 2016 - Schuld & Sühne?

„Historischen Themennachmittage" im Labertal

Die intensive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist wichtig um die Gegenwart zu verstehen und der Zukunft zu vertrauen. Der AK Labertal will fundierte Geschichtsbewältigung unter sozialdemokratischen Gesichtspunkten anbieten Es gibt nichts zu glorifizieren, nichts zu beschönigen und schon gar nichts zu rechtfertigen. Wir wollen aber auch nicht anklagen und verurteilen - keiner von uns kann heute sagen, wie er sich selbst verhalten hätte, in einer anderen Zeit.

- Rückblick -
Der SPD-Arbeitskreis Labertal hat mit dem „Historischen Themennachmittag“ zur Schierlinger Muna am 24. Januar 2010 begonnen, sich mit den Ereignissen vor 65 Jahren genauer zu beschäftigen. Neben dem „Wunder von Schierling“ sollt der Blick auch auf die Todesmärsche durch das Labertal gelenkt werden.

Die Brüder Gandorfer beschäftigten den AK am historischen Datum 7. November 2010 in Pfaffenberg.

Im Spätherbst 2011 wurde mit "Die Engel von Laberweinting" erneut an das Thema "65 Jahre Kriegsende" angeknüpft. 62 tote Kinder in nur wenigen Monaten, so die Bilanz des Entbindungs- und Kinderheims für Fremdländische.

Der letzte „Historische Themennachmittag“„GELINZT - Euthanasie- Opfer aus dem Labertal“ fand am 4. März in Geiselhöring statt. Das Thema wurde mit einer Informationsfahrt am 14. April an den Gedenkort Hartheim bei Linz abgerundet.

Die Dokumentationen zu den Themennachmittagen (oder den Bonhoeffer-Wochen) sind unter www.agentur-labertal.de zu bestellen!

Projekt 2015 - Flucht, Vertreibung und Asyl

Flucht, Vertreibung und Asyl 1945 / 2015

Sonstiges

 

120 Jahre BayernSPD - Im Dienst von Freiheit und Demokratie Frauen sind in der rechtsextremen Szene keine Seltenheit mehr – sie sind die „nette“ Nachbarin oder betreiben Biolandbau und verkaufen „Deutschen Honig“ und unterwandern so die Gesellschaft mit neonazistischem Gedankengut. Die Ausstellung „Braune Schwestern“ aus Österreich war 2012 erstmals in Niederbayern zu sehen und beschäftigt sich mit der Symbolik, den Liedern und dem Gedankengut der rechtsextremen Frauenszene.