Die Seliger-Ausstellung ist zurück im Labertal

Veröffentlicht am 17.08.2014 in Veranstaltungen

Widerstand-Verfolgung-Vertreibung-Integration

Im Benediktinerkloster Rohr ist bis zum 24. August die Ausstellung zur Geschichte der Seliger-Gemeinde zu sehen.

Die Ausstellung dokumentiert auf 40 Tafeln die Geschichte der im Jahre 1919 von Josef Seliger gegründeten Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (DSAP) und der, unter dem NS-Regime daraus erwachsenen, „Treuegemeinschaft sudetendeutscher Sozialdemokraten im Exil”, bis hin zur Entstehung der Seliger-Gemeinde im Jahre 1951, die die Nachfolge der Treuegemeinschaft antrat. Tausende Sozialdemokraten mussten unter der Naziherrschaft ins Exil fliehen oder wurden im KZ ermordet. Angesichts bisweilen undifferenzierter öffentlicher Diskussionen der Themen Widerstand, Flucht und Vertreibung ist die Erinnerung an Sie auch heute, 69 Jahre nach Kriegsende, wertvoll und wichtig.

Nach dem Krieg wurde die „Deutsche Sozialistische Arbeiterpartei“ (DSAP) im Westen als „Seliger-Gemeinde“ wiedergegründet, eine Reminiszenz an den Gründer der DSAP, Josef Seliger. Die Seliger-Gemeinde Bayern gibt es immer noch: Heute befasst sie sich mit der Dokumentation ihrer Geschichte. Nach Straubing, Geiselhöring, Rottenburg , Mallersdorf, Eggmühl und Regensburg im Sommer 2102 wird die Ausstellung nun auch im Kloster Rohr vom 12. bis zum 24. August gezeigt.

Die Ausstellung eröffnete Frater Franziskus Neuhausen und begrüßte dazu viele Honoratioren aus der Politik – unter ihnen Rita Hagl Kehl, MdB, und Johanna Werner-Muggendorfer, MdL, sowie Karl Garscha vom Bundesvorstand der Seliger-Gemeinde und Peter Hübl, Kreisobmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft und Kreisvorsitzender des BDV.

Landrat Dr. Hubert Faltermeier freute sich, dass die Ausstellung in Rohr gezeigt wird, die Beweis einer großartigen Integrationsleistung der Bundesrepublik Deutschland sei. Bundestagsabgeordnete und Mtglied des Sudetendeutschen Rates, Rita Hagl-Kehl, sowie Landtagsabgeordnete Johanna Werner-Muggendorfer spannten den Bogen von der Seligen-Gemeinde zum Heute und was es heißt, seine Heimat zu verlieren. Sie appellierten, für Asylsuchende mehr Verständnis aufzubringen und sie gut zu integrieren. Hagl-Kehl: „Unsere Wirtschaft braucht Nachwuchs.“ Europa müsse hier zusammenarbeiten. Man müsse die Geschichte sehen, um Gegenwart und Zukunft besser verstehen zu können.

Altbürgermeister Karl Gorbunov und stellvertretende Bürgermeisterin Birgit Steinsdorfer begrüßten, dass die Schau der Öffentlichkeit zugänglich ist. Gorbunov erinnerte an das Auffanglager in Langquaid, wo auch seine Familie angekommen war und in Rohr eine neue Heimat fand. Flüchtlinge und Heimatvertriebene wurden nicht immer freundlich empfangen. Onkel und Tanten waren in ganz Deutschland verteilt, aber einem Onkel, der Ingenieur war, hatte man die Ausreise verboten, da der Osten Fachkräfte behalten wollte.

 „Die Abtei zum heiligen Wenzel zu Braunau in Rohr – Brücken bauen zwischen alter und neuer Heimat.“

Frater Franz ließ in seiner Laudatio „Wer sind wir Benediktiner?“ die Geschichte der Mönche Revue passieren.

Im kommenden Jahr 2015 jährt sich zum 70. Mal der Beginn der Vertreibung der Sudetendeutschen aus ihrer tschechischen und slowakischen Heimat. Betroffen waren auch die Mönche des Benediktinerordens des Kloster Braunau, die im Jahr 1946 in Rohr eine neue Heimat gefunden haben. Das Kloster Rohr ist seit dieser Zeit nicht nur ein Zentrum der sudetendeutschen Kulturpflege und Tradition, sondern verstand und versteht sich immer auch Pfeiler der Brücke zwischen der neuen und der alten Heimat, der Versöhnung und der gemeinsamen Zukunft in Europa verpflichtet.

Karl Garscha, vom Bundesverband der Seliger-Gemeinde führte anschließend in die Ausstellung ein. Er dankte allen, die zur Organisation der Ausstellung beigetragen haben und erinnerte, dass nach dem Tod des Vorsitzenden Volkmar Gabert 2003 die Seliger-Gemeinde vor dem Ende gestanden habe. Motiviert von ihrer Granddame, Olga Sippl, rafften sich die Mitglieder auf und begründeten in einer Zukunftswerkstatt einen Neuanfang – so entstand auch die nun gezeigte Ausstellung im Jahre 2005. Garscha skizzierte kurz die inhaltlichen Schwerpunkte der Ausstellung von der Gründung der DASP bis hin zur Seliger-Gemeinde heute. Er verschwieg nicht die Spannungen und das wechselhafte Verhältnis zwischen Deutschen und Tschechen bis zur praktizierten Aussöhnung und dem wachsenden Vertrauen im vereinten

Europa. Garscha erinnerte an Widerstand und der Verfolgung von rund 28.000 Sudetendeutschen aufgrund ihrer politischen Gesinnung. In diesem Zusammenhang erzählte Garscha von den Erlebnissen der nach Kanada ausgewanderten Sudetendeutschen. Mussten sie zuerst 1500$ pro Person aufbringen um über London nach Kanada zu emigrieren, wo sie als Arbeiter bei den Eisenbahngesellschaften Pionierarbeit im „Wilden Westen“ Kanadas leisten mussten. Garscha ließ aber auch aufblitzen, dass die Vertriebenen nicht immer mit offenen Armen in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen empfangen wurden. Die Probleme bei der Familienzusammenführung und die dringende Beschaffung von ausreichend Wohnraum begleiteten die Wiederaufbauarbeiten und waren der Grund dafür, dass sich die sudetendeutschen Sozialdemokraten erst 1951 wieder organisierten – „die Nöte der Menschen zu lindern, war einfach viel wichtiger!“.

Besuch der Ausstellung täglich, auch Sa u. So, von 9:00 Uhr bis 18:00 Uhr.              

Am Dienstag um 19 Uhr stellt Franz Maget sein zum Katholikentag erschienenes Buch „Kirche und SPD“ vor.

 

  

Projekt 2016 - Schuld & Sühne?

„Historischen Themennachmittage" im Labertal

Die intensive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist wichtig um die Gegenwart zu verstehen und der Zukunft zu vertrauen. Der AK Labertal will fundierte Geschichtsbewältigung unter sozialdemokratischen Gesichtspunkten anbieten Es gibt nichts zu glorifizieren, nichts zu beschönigen und schon gar nichts zu rechtfertigen. Wir wollen aber auch nicht anklagen und verurteilen - keiner von uns kann heute sagen, wie er sich selbst verhalten hätte, in einer anderen Zeit.

- Rückblick -
Der SPD-Arbeitskreis Labertal hat mit dem „Historischen Themennachmittag“ zur Schierlinger Muna am 24. Januar 2010 begonnen, sich mit den Ereignissen vor 65 Jahren genauer zu beschäftigen. Neben dem „Wunder von Schierling“ sollt der Blick auch auf die Todesmärsche durch das Labertal gelenkt werden.

Die Brüder Gandorfer beschäftigten den AK am historischen Datum 7. November 2010 in Pfaffenberg.

Im Spätherbst 2011 wurde mit "Die Engel von Laberweinting" erneut an das Thema "65 Jahre Kriegsende" angeknüpft. 62 tote Kinder in nur wenigen Monaten, so die Bilanz des Entbindungs- und Kinderheims für Fremdländische.

Der letzte „Historische Themennachmittag“„GELINZT - Euthanasie- Opfer aus dem Labertal“ fand am 4. März in Geiselhöring statt. Das Thema wurde mit einer Informationsfahrt am 14. April an den Gedenkort Hartheim bei Linz abgerundet.

Die Dokumentationen zu den Themennachmittagen (oder den Bonhoeffer-Wochen) sind unter www.agentur-labertal.de zu bestellen!

Projekt 2015 - Flucht, Vertreibung und Asyl

Flucht, Vertreibung und Asyl 1945 / 2015

Sonstiges

 

120 Jahre BayernSPD - Im Dienst von Freiheit und Demokratie Frauen sind in der rechtsextremen Szene keine Seltenheit mehr – sie sind die „nette“ Nachbarin oder betreiben Biolandbau und verkaufen „Deutschen Honig“ und unterwandern so die Gesellschaft mit neonazistischem Gedankengut. Die Ausstellung „Braune Schwestern“ aus Österreich war 2012 erstmals in Niederbayern zu sehen und beschäftigt sich mit der Symbolik, den Liedern und dem Gedankengut der rechtsextremen Frauenszene.