Ausstellungseröffnung in Schierling

Veröffentlicht am 14.11.2015 in Veranstaltungen

StD Gerhard Justwan und OStR Roland Diegritz sorgten für einen stimmungsvollen Auftakt mit Irgendwo auf der Welt…

Flucht, Vertreibung und Asyl 1945 – 2015

SPD Ortsverein Schierling und Schirmherrin MdL Ruth Müller eröffnen Wanderausstellung im Schloss Eggmühl

"Irgendwo auf der Welt gibt's ein kleines bisschen Glück...". Mit diesem Lied der legendären „Comedian Harmonists“ leiteten StD Gerhard Justwan und OStR Roland Diegritz musikalisch die Eröffnung der Ausstellung über die Flucht und Vertreibung der Evangelischen Christen und ihrer Ankunft in den Besatzungszonen der westlichen Alliierten  durch die SPD-Landtagsabgeordnete Ruth Müller, MdL, und die SPD-Ortsvorsitzende Madlen Melzer im BRK-Seniorenheim Schloss Eggmühl ein. Die Wanderausstellung des SPD-Arbeitskreises Großes und Kleines Labertal gastierte auf ihrer Tour durch sechzehn Städte und Gemeinden zwischen Landshut, Straubing und Kelheim von Ende September bis kurz vor Weihnachten für fünf Tage auch in der Marktgemeinde. Ergänzt wird die Ausstellung der Evangelischen Kirche Westfalens durch Schautafeln über die aktuelle Flüchtlingssituation in der Region. Damit spannte sich der Bogen vom großen erzwungenen Auszug aus der geliebten Heimat vor 70 Jahren bis zum Exodus von Millionen von Afrika und Nahem Osten nach Europa.

Markträtin Madlen Melzer begrüßte zur Ausstellungseröffnung neben der SPD- Landtagsabgeordneten Ruth Müller 3. Bürgermeister Anton Blabl,  Marktgemeinderat Josef Röhrl und den Sprecher des Arbeitskreises Labertal, Rainer Pasta aus Geiselhöring. Besonders bedankte sich Madlen Melzer beim BRK-Heimleiter Strazim und seinem „Stab“ für die Gastfreundschaft. In einer kurzen Einführung schilderte sie die Vorgeschichte der Flucht und Vertreibung, die eigentlich schon 1933 mit der Verfolgung von Sozialdemokraten, Kommunisten und anderen Nazi-Gegnern und der Juden begann und mit dem von Hitler vom Zaun gebrochenen entsetzlichen Krieg endete. „Geschichten gehen verloren, wenn man sich der Zeitzeugen nicht annimmt,“ betonte MdL Ruth Müller in ihrer Eröffnungsrede. Bewusst sei ihr das geworden durch ein Gespräch mit einer älteren Bürgerin aus Pfeffenhausen, bei dem sie viel über deren Flucht erfahren hatte.  Fündig wurde sie auf der Suche nach einer geeigneten Ausstellung im Münsterland. Ihr gelang es, zusammen mit Rainer Pasta, dem Sprecher des SPD Arbeitskreises Labertal, die Ausstellung in die Region zu holen, um über das Schicksal der Heimatvertriebenen zu berichten und noch lebenden Zeitzeugen die Möglichkeit zu bieten, mit den nachgeborenen Generationen ins Gespräch zu kommen. Ergänzt wurde die Ausstellung durch Informationstafeln zur "Geschichte der Evangelischen Christen in Niederbayern" und zu Lebens- und Fluchtgeschichten von Flüchtlingen der Gegenwart aus Eritrea.

Die Ausstellung spanne einen Bogen zur heutigen, ganz aktuellen Situation der Flüchtlinge und Asylbewerber, die in Deutschland Schutz und Hilfe suchen, sagte die SPD-Politikerin weiter. Bei der Konzipierung der Wanderausstellung habe man nicht rechnen können, welchen aktuellen Bezug sie zur Gegenwart finden würde. Ruth Müller wies darauf hin, dass in vielen niederbayerischen Familien Wurzeln zu ehemaligen Flüchtlingen, beziehungsweise Vertriebenen zu finden seien. Daher können sich viele mit der heutigen Situation identifizieren. Auch ihre Großmutter sei aus Schlesien vertrieben worden. Wenn sie sich vorstelle, wie man im Treck mit Kinderwagen und Rucksack nach Westen zog, wie ihre Großmutter sich damals aus einer Stadt kommend in Niederbayern auf dem Land fühlte und als Kind in der Schule aus Konfessionsgründen getrennt unterrichtet wurde, finde sie manche damalige Situation in den Flüchtlingsschicksalen von heute wieder.

„Nicht zur Vergangenheit, sondern zur Zukunft sind Erinnerungen der Schlüssel.“ Deshalb: Wider das Vergessen!

An den Satz von Willy Brandt konnte man sich beim Kurzvortrag des bekannten BR-Journalisten und Filmemacher Thomas Muggenthaler erinnert fühlen. „Gegen das Vergessen“ sei eine ständige Aufgabe und die Erinnerungsarbeit sei noch längst nicht getan. Gerade in diesen Tagen jährten sich markante Ereignisse, die den menschenverachtenden Rassismus des Nationalsozialismus deutlich machten. Als erstes Beispiel nannte er den Progrom gegen die Juden vor 77 Jahren am 9. November, als die Nazis auch in Regensburg Synagogen in Brand steckten, jüdische Geschäfte zerstörten und jüdische Mitbürger in Konzentrationslager verschleppten. Eindrucksvoll schilderte er den Leidensweg des jungen Justin Sonder von Chemnitz von der Progromnacht 1938 über ein „Judenhaus“ zur Zwangsarbeit nach Auschwitz, dann in Flossenbürg bis zum Todesmarsch und zur Befreiung Ende April in  Wetterfeld bei Roding.

70 Jahre sei es her, so Thomas Muggenthaler, dass im November 1940 der erste Transport von psychisch kranken Menschen von Karthaus-Prüll zur Vergasung in  Schloss Hartheim bei Linz abgegangen ist- Die Patienten aus Regensburg wurden mit einem Bus zum Ostbahnhof gebracht und von dort in einem Waggon nach Linz gefahren und dann in Hartheim ermordet. Mit fünf Transporten seien so 641 Menschen ermordet worden. Nach massiven Protesten aus der Bevölkerung habe man diese Transporte eingestellt und stattdessen noch einmal über 1.000 Patienten faktisch zu Tode hungern lassen. Seine dritte „Erinnerungstafel“ galt den ermordeten Zwangsarbeitern, vor allem aus Polen, in Niederbayern und in der Oberpfalz. 22 Polen seien in der Nähe der Dörfer ihrer Zwangsarbeit hingerichtet worden. Spät, aber nicht zu spät erinnere man mit Gedenksteinen und „Marterln“ in vielen Gemeinden an diese Verbrechen. In einigen Gemeinden, Pfeffenhausen, Wildenberg und Siegenburg hätten dagegen  sogar die Gemeinderäte solche Gedenksteine ausdrücklich abgelehnt. Thomas Muggenthaler: „Die  Arbeit gegen das Vergessen bleibt.“

Wider das Vergessen – Zivilcourage heute: (v.l.) BR-REporter Thomas Muggenthaler, MdL Ruth Müller Ortsvorsitzende Madlen Melzer, 3. Bürgermeister Anton Blabl, Gemeinderat Josef Röhrl und Heimleiter Strazim

Rainer Pasta, Sprecher des Arbeitskreises Labertal, erinnerte an die Aktion des Arbeitskreises zum Thema "Zivilcourage" und forderte die schweigende Mehrheit" auf, sich zu positionieren. "Es kann nicht sein, dass der Mob auf den Straßen den Eindruck bekommt, für alle zu sprechen!,“ so Pasta. Zivilcourage gegen den aufkeimenden Fremdenhass sei heute so wichtig wie gestern.

 

  

Projekt 2016 - Schuld & Sühne?

„Historischen Themennachmittage" im Labertal

Die intensive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist wichtig um die Gegenwart zu verstehen und der Zukunft zu vertrauen. Der AK Labertal will fundierte Geschichtsbewältigung unter sozialdemokratischen Gesichtspunkten anbieten Es gibt nichts zu glorifizieren, nichts zu beschönigen und schon gar nichts zu rechtfertigen. Wir wollen aber auch nicht anklagen und verurteilen - keiner von uns kann heute sagen, wie er sich selbst verhalten hätte, in einer anderen Zeit.

- Rückblick -
Der SPD-Arbeitskreis Labertal hat mit dem „Historischen Themennachmittag“ zur Schierlinger Muna am 24. Januar 2010 begonnen, sich mit den Ereignissen vor 65 Jahren genauer zu beschäftigen. Neben dem „Wunder von Schierling“ sollt der Blick auch auf die Todesmärsche durch das Labertal gelenkt werden.

Die Brüder Gandorfer beschäftigten den AK am historischen Datum 7. November 2010 in Pfaffenberg.

Im Spätherbst 2011 wurde mit "Die Engel von Laberweinting" erneut an das Thema "65 Jahre Kriegsende" angeknüpft. 62 tote Kinder in nur wenigen Monaten, so die Bilanz des Entbindungs- und Kinderheims für Fremdländische.

Der letzte „Historische Themennachmittag“„GELINZT - Euthanasie- Opfer aus dem Labertal“ fand am 4. März in Geiselhöring statt. Das Thema wurde mit einer Informationsfahrt am 14. April an den Gedenkort Hartheim bei Linz abgerundet.

Die Dokumentationen zu den Themennachmittagen (oder den Bonhoeffer-Wochen) sind unter www.agentur-labertal.de zu bestellen!

Projekt 2015 - Flucht, Vertreibung und Asyl

Flucht, Vertreibung und Asyl 1945 / 2015

Sonstiges

 

120 Jahre BayernSPD - Im Dienst von Freiheit und Demokratie Frauen sind in der rechtsextremen Szene keine Seltenheit mehr – sie sind die „nette“ Nachbarin oder betreiben Biolandbau und verkaufen „Deutschen Honig“ und unterwandern so die Gesellschaft mit neonazistischem Gedankengut. Die Ausstellung „Braune Schwestern“ aus Österreich war 2012 erstmals in Niederbayern zu sehen und beschäftigt sich mit der Symbolik, den Liedern und dem Gedankengut der rechtsextremen Frauenszene.